Luftiges Raumwunder
Eine klassische Doppelhaushälfte im Linksrheinischen öffnet sich großzügig nach innen
Eine Doppelhaushälfte ist nicht gerade die Bauaufgabe, von der Architekten träumen. Nicht nur, dass die Kubatur des Nachbargebäudes die Gestaltungsmöglichkeiten prinzipiell begrenzt. Auch die oftmals veralteten Bebauungspläne bringen ein enges Korsett der Restriktionen mit sich, denen meistens nur schwer zu entkommen ist. Georg Döring Architekten aus Düsseldorf nahmen die Herausforderung dennoch an und ließen in Lörick ein kleines Raumwunder entstehen, das eine bescheidene Ausgangssituation zu etwas Großem werden lässt.
Das überschaubare Grundstück, das bereits an ein bestehendes Nachbarhaus grenzte, liegt in einem Wohnviertel, das von einer ländlichen, kleinteiligen Altbebauung geprägt ist. Dazu gesellen sich Doppelhäuser, die durch eine Anpassung des Bebauungsplanes in jüngerer Zeit möglich wurden. Dabei wurden auch die Fassaden- und Dachmaterialien festgeschrieben, die es zu verwenden galt, ebenso wie die Anordnung der Außenanlagen. Das Haus entspricht diesen äußeren Vorgaben mit seiner hellgrauen Klinkerfassade, Holzfenstern und einem Dach, das mit Betondachsteinen gedeckt wurde. Nahezu alle Baustoffe sind dabei recyclingfähig. Mehr als um das äußere Erscheinungsbild ging es jedoch darum, großzügige, spannungsvolle und hochfunktionale Innenräume für eine junge Familie zu generieren. Knapp 240 m2 Nutzfläche umfasst das Gebäude – aufgeteilt in ein Untergeschoss mit Gästeapartment und Nebenräumen, ein Wohn-Erdgeschoss, das fließend in eine Terrasse mit Außenpool übergeht, und ein Dachgeschoss, auf dem Schlaf- und Arbeitszimmer sowie ein Bad mit freistehender Badewanne und Sauna bereitstehen. Das überraschende, sofort ins Auge springende Moment ist dabei der zentrale Luftraum, der sich unterhalb des Firstes öffnet und die Wohnebene mit den Räumen des Obergeschosses verschränkt. Großformatige Fensteröffnungen in der Fassade, aber auch in den Innenwänden schaffen dabei einen intensiven Bezug der Räume untereinander und lassen das Haus von innen luftig und filigran erscheinen. Die an dem Luftraum gelegene Dachterrasse, die in einem kleinem verglasten Patio genussvolle Sonnenstunden am Nachmittag ermöglicht, verstärkt diesen Eindruck zusätzlich: Die in einer Achse liegenden Fensteröffnungen schaffen auch im Obergeschoss spannungsvolle Durchsichten in der Tiefe des Hauses – von der Straße, durch Arbeits- und Schlafzimmer in den Garten. So entsteht ein üppig tageslichtdurchfluteter Innenraum, der verstärkt durch die jahreszeitlich wechselnden Licht- und Schattenwirkungen hohe ästhetische Qualität besitzt – ein kleines Raumwunder, das den Charakter des Hauses stärkt.
Fotos:
Michael Reisch
www.michaelreisch.com
(Erschienen in CUBE Düsseldorf 04|24)