Wellness für Zuhause
Die Nasszellenrevolution – Vom Funktions- zum Lifestyleraum
Für die Älteren unter uns dürfte die Vorstellung früherer Bäder noch deutlich vor Augen liegen: Eine abgetrennte Nische der Küche, manchmal auch des Schlafzimmers, in die ein Waschbecken installiert wurde – auch als Frankfurter Bad bekannt. In den 1950er-Jahren weitergeführt als separater Raum mit einfacher Badeinrichtung, in der Waschbecken, Toilette, Dusche und manchmal eine Badewanne Bestandteil waren. Die „Nasszelle“ fristete lange Zeit ein Dasein als ungeliebtes Stiefkind der Architektur. Emotionslose Hygiene und Toilettengang – mehr war es nicht. In den 1970er-Jahren wurde der sichtbare Teil der Sanitärtechnik – wie Armaturen, Becken, Wannen – fast ausschließlich unter funktionalen Gesichtspunkten gestaltet. Bis die ersten Designer begannen, dieser strikt funktionalistischen Sphäre Ästhetik einzuhauchen.
Heute ist das Bad ein Ort des Selbstverständnisses für Hygiene, Pflege und Entspannung. Und eben dieses Selbstverständnis musste erarbeitet werden, wenn man bedenkt, dass König Ludwig XIII. Anfang des 17. Jahrhunderts mit sieben Jahren zum ersten Mal gebadet wurde – heute undenkbar.
Inzwischen hinterfragen so manche Hersteller den bisherigen Nutzungsgrund dieses Raumes. Es fallen Argumente wie wohltuend, ergonomisch, multifunktional, ästhetisch und nutzerindividualisiert – sprich, den verschiedenen Lebensphasen angepassten Bedürfnissen. Die Funktionalität des Bades ist gerade angesichts des Wunsches nach langer Selbständigkeit einer älter werdenden Gesellschaft von großer Bedeutung.
Die heutigen Menschen, die sich mit körperlichen oder altersbedingten Einschränkungen arrangieren müssen, wissen, wie wichtig ein frei zugängliches, sicheres und leicht bedienbares Bad für Selbständigkeit und Wohlbefinden ist. Sie schätzen das sichere Gefühl, das Halt gebende Möbel, Sitzgelegenheiten und Griffe sowie sensorgesteuerte Beleuchtungssysteme vermitteln.
Genormte Technik und intelligente, schmutzarme Renovationslösungen sind die künftigen Antworten einer innovativen Sanitärwirtschaft auf die Ansprüche von Morgen. Weit über 20 Milliarden Euro setzt die deutsche Sanitärwirtschaft jährlich im In- und Ausland um. Das Badezimmer drängt aus seinem voll gefliesten Nasszellen-Exil zurück und entwickelt sich zum Lifestyle-Hotspot. Mit Kamin, Entertainment, intelligenter Technologie und Lichtakzenten ist aus einem Waschtempel eine Wohlfühloase geworden. Die Entwicklung des Bades verändert auch den Anspruch an die zum Einsatz kommenden Materialien. Neben Keramik und Email kommen zunehmend Acryl, Glas, Holz, Mamor und Mineralwerkstoffe zum Einsatz, die nicht nur wegen ihrer hygienischen Vereinfachung Verwendung finden, sondern auch neue Formen und Abmessungen ermöglichen.
Die zukünftigen Bäder vereinen zudem wichtige Faktoren wie Wasserverbrauch, Energieeffizienz, digitale Nutzungsszenarien, hochwertige Materialien sowie ergonomische, barrierefreie und ästhetische Gestaltungselemente. Überdies wird es zu einer diskreten Gesundheitszentrale, die die Messwerte direkt an einen medizinischen Service senden. Ein Sicherheitsschutz, der auch für jüngere Menschen mit chronischen Erkrankungen hilfreich ist. Applikationen wie im Boden eingelassene Sensorsysteme für Beleuchtung und Sturz-Alarm sind bereits jetzt realisierbar. An visionären Ansätzen, beispielsweise App-gesteuerte Armaturen, biologisch abbaubare und faltbare Badelemente, multifunktionale Waschbecken-Dusch-Kombinationen oder die spritzwasserfreie Waschbeckenlösung wird bereits gearbeitet, die die nächste Generation der Badeinrichtung einläuten werden.