Spiel mit der Finsternis
1965 schuf der Mailänder Architekt Vico Magistretti eine Design-Ikone mit besonderem Dreh
Fast wie ein Augenlid lässt sich die innere Halbkugel der Tischleuchte „Eclisse“ (italienisch für Finsternis) in die äußere, die das Gehäuse bildet, drehen. Und zwar so weit, bis das Leuchtmittel nur noch teilweise oder nahezu gar nicht mehr zu sehen ist. Über verschiedene Stufen ergibt sich schließlich ein Lichtkranz, der an eine Sonnenfinsternis erinnert. 1967 erhielt der berühmte Mailänder Architekt und Designer für die raffinierte 18 cm hohe Tischleuchte aus lackiertem Edelstahl, die er für Artemide entwarf, die begehrte Auszeichnung Compasso d’Oro.
Gleich nach seinem Studium, das er 1945 abschloss, fing Magistretti im Architekturbüro seines Vaters an und blieb dort. In den ersten Jahren wirkte er zunächst am Wiederaufbau seiner geliebten Heimatstadt Mailand mit. Es entstanden der 85 m hohe Apartmentturm „Torre al Parco“ am Parco Sempione und ein Bürohaus mit aufsehenerregender Glasfassade am Corso Europa. Beide sind heute denkmalgeschützt. „Das Wichtigste für mich ist die konzeptionelle Einfachheit, die gewöhnlich in konstruktive Klarheit umgesetzt wird“, beschrieb Magistretti sein Credo. Das galt auch weiter, als er Ende der 1960er-Jahre begann, für renommierte Hersteller wie Artemide, Cassina oder Oluce, Möbel und Leuchten zu gestalten. Ausgeklügelte Technik, gepaart mit Eleganz, dazu innovative Materialien und eine Prise Leichtigkeit machen seine Entwürfe zu zeitlosen Klassikern. Einige davon, auch „Eclisse“, haben sich längst einen Platz im New Yorker Museum of Modern Art gesichert. Magistretti gilt als einer der Gründungsväter des Italienischen Designs. Im Oktober wäre der Maestro 100 Jahre alt geworden. Nach seinem Tod im Jahre 2006 wurde sein Atelier in ein Museum umgewandelt.
www.vicomagistretti.it
www.artemide.com
Fotos:
Artemide
www.artemide.com
(Erschienen in CUBE 03|20)