Das Baujahr modern interpretiert
Ein Haus aus den 1970er-Jahren erhielt ein komplettes Facelifting
Es geht um Herzblut und die Liebe zum Detail, das zeigt das Interior-Design für ein Einfamilienhaus aus dem Jahr 1979 in der Stuttgarter Waldsiedlung: Geölte Eiche ist die einzig verwendete Holzart, die Wände in natürlichem Kalk-Press-Putz, der die Handschrift des Handwerkers trägt und die Möbel nehmen sich in Weiß zurück: „So bleibt Raum für Highlights“, so die Stuttgarter Gestalterin für Möbel und Innenräume, Sibylle Heilemann, über ihr – wie sie selbst sagt – Herzensprojekt. „Viele Dinge, die ich schon immer mal platzieren wollte, kamen zum Einsatz.“ Zum Beispiel raumhohe rahmenlose Fenster, außergewöhnliche Wandoberflächen, der Formpark Parkettboden von Bauwerk, verschiedene Kleinmöbel oder Geländer aus schwarzem Rohstahl.
Eigentlich sollte zunächst nur etwas Facelifting am Haus betrieben werden, doch am Ende blieb kaum ein Stein auf dem anderen: „Wände mussten weichen, neue Elektro- und Sanitärinstallation, Fenster, Böden, Türen, Möbel – das volle Programm eben“, erzählt die Gestalterin. Einzig verbliebener Zeitzeuge ist die hochwertige Holzdecke, die nur grundgereinigt wurde. Wichtig war dem Bauherrn, die Architektur aus den 1970er-Jahren zu schätzen und dem Baujahr entsprechend zu planen. Es sollte eben nicht das cleane, weiße, puristische Haus werden, sondern eine moderne Interpretation des Baujahrs. Da passt dann der große Perserteppich im Wohnbereich wunderbar dazu, wie auch die Seventies-Tapeten und dunkle Wände vor und in den Schlafräumen sowie einige antike Stücke. Der Eingangsbereich wurde mit diesem Gedanken ganz traditionell mit einem Terrazzoboden versehen, der im Gäste-WC zum Wanddetail wird. Darüber wurde die Wand aufwendig mit Blattgold belegt. Ganz außergewöhnlich ist das Verlege-Layout des Parkettbodens. „Das hat mir beim Zeichnen zwar beinahe die Augen verknotet, aber das Ergebnis ist sensationell“, schwärmt Sibylle Heilemann.
Auch die perfekte Beleuchtung im ganzen Haus lag ihr sehr am Herzen. Hierbei ging es ihr nicht (nur) um schöne Leuchten, sondern um gutes Licht und um die Raumwirkung. Ganz besonders wirkt vor allem in den Abendstunden die Lichtvoute, die sich als indirekte Beleuchtung wie natürliches Licht gleichmäßig vom Eingangsbereich durch den Flur, über das Holzregal im Wohnbereich durchzieht. Ebenso wie beinahe alle Möbel im Haus, etwa die dunkelgraue Sofalandschaft vor dem offenen Kamin unter der Galerie, ist auch die Küche komplett maßangefertigt: Die Fronten und die Arbeitsplatte der freischwebenden Unterschränke sind aus grauem, stumpfmattem und haptisch samtweichem Schichtstoff (Fenix) und kontrastieren mit der in schwarzem Hochglanz gefertigten „Einbauwand“, in die Dampf-Backofen, Wein-Kühlschrank & Co fast unsichtbar integriert wurden – gut überlegte Details machen den Unterschied.
www.heilemann-gestaltung.de
Fotos:
Adrian Ulrich
(Erschienen in CUBE Stuttgart 03|18)