Abstrahierte Stadtsilhouette
Bibliotheksneubau verbindet historische Altstadt und Nachkriegsarchitektur
Die Nachkriegsarchitektur, die die Innenstadt von Heidenheim prägt, unterscheidet sich deutlich von der historischen Bebauung der Altstadt. Der im Rahmen eines Wettbewerbs ausgeschriebene Bibliotheksneubau sollte auf dem bislang unzugänglichen Grundstück einer ehemaligen Strafvollzugsanstalt zwischen der kleinteiligen Bebauung im Osten und der Altstadt vermitteln. Gewonnen hat den Wettbewerb das Berliner Architekturbüro Max Dudler mit einer städtischen Figur, die die gebauten Zeitschichten der Stadt in Form der umliegenden Maßstäbe aufnimmt und sie proportional in Bezug zu den giebelständigen Häusern der angrenzenden Altstadt setzt. Gasse, Platz und Promenade – das sind die typischen Typologien vor Ort, auf die der neue Stadtbaustein direkt Bezug nimmt. Zwischen den zwei in die Höhe ragenden „Köpfen“ spannt sich eine Stadtlandschaft aus kleineren „Häusern“ auf, deren Gliederung sich an dem parallel verlaufenden Gebäuderiegel orientiert. Aus der Transformation der „gewachsenen“ Stadt entsteht so ein skulpturaler Baukörper – eine Stadtsilhouette. Im Zusammenspiel mit der benachbarten Pauluskirche und dem alten Rathaus ist das Gebäude sowohl als Solitär als auch Teil der städtischen Textur lesbar. Bewusst heben sich die großformatigen Fenster von der kleinteilig gegliederten Architektur der Umgebung ab. Mit den tief eingeschnittenen Laibungen inszenieren sie den Blick in den Stadtraum und wechseln mit fein perforierten Wandflächen, die im Innenraum ein gefiltertes Tageslicht erzeugen. Von außen betrachtet ist der tatsächliche Maßstab der Fenster schwer zu ermessen, wodurch ein spannender Kontrast zu den großen Wandflächen entsteht. Die Farbigkeit des hellbeigen Ziegels bezieht sich auf das über dem Zentrum der Stadt thronende Schloss Hellenstein. Das Spiel aus helleren und dunkleren Farbschattierungen entsteht durch die Verwendung von im Wasserstrichverfahren hergestellten Vollsteinen, deren Lebendigkeit durch die unregelmäßige Form der Klinker und die Vermauerung im wilden Verband unterstützt wird. Mit ihrer reliefartigen Oberflächentextur wirken die großen geschlossenen Ziegelwandflächen in ihrem Maßstab zurückhaltend. Die eigentliche Bibliothek erstreckt sich als stützenfreies Raumkontinuum über das gesamte zweite Obergeschoss. Sie bildet die formgebende, markante Silhouette des Gebäudes. Außerdem sind ein integratives Café, ein Veranstaltungssaal, ein öffentlich zugängliches Medienzentrum sowie das Stadtarchiv in das Gebäude eingezogen.
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