Denkmal trifft Zeitgeist
Eine historische Villa wird zur maßgeschneiderten Arbeitswelt eines Innenarchitekturbüros
Schon ab 1870 gab es Überlegungen zur Kanalisierung des Alsterlaufes. Aber erst unter der Ägide von Fritz Schumacher wurde das Areal entlang der oberen Alster in Eppendorf und Winterhude von 1914 bis 1926 landschaftlich und architektonisch gestaltet. Bis heute prägen vor allem die roten Backsteinvillen entlang der Bebelallee das Bild – viele von renommierten Architekten entworfen.
Die Nummer 141 ist ein geschichtsträchtiges Haus. 1921 erwarb Walther Blohm, Leiter der Hamburger Flugzeugbau und Sohn des Werftgründers das Grundstück und lobte einen Wettbewerb aus, den Erich Elingius gewann. Die strenge, schlichte Fassade der dreistöckigen Villa steht für die Sachlichkeit der 1920er-Jahre, eine ästhetische, zeitlose Architektur, die bis heute Gültigkeit hat. Die Familie Blohm lebte dort einige Jahrzehnte, danach wurde das Haus rund 30 Jahre vom Hamburger Autismus Institut genutzt. Seit Februar dieses Jahres residiert nun JOI-Design, ein international tätiges, auf Hotelprojekte spezialisiertes Innenarchitekturbüro mit knapp 40-köpfigem Team in der denkmalgeschützten, umfassend sanierten Villa.
Um eine offene Kommunikationsstruktur zu gewährleisten, wurden viele Wände entfernt. Die neuen Räumlichkeiten funktionieren als eigenständige Büros und sind gleichzeitig vom Kern des Hauses, dem großzügigen Treppenhaus, direkt zugänglich. Eine echte Besonderheit ist das ehemalige Esszimmer der Villa, in dem noch einige original erhalten gebliebene Elemente zu erleben sind. Es steht ebenfalls unter Denkmalschutz. Die teilweise gerundeten Wände sind mit Stoff bespannt, der eine idealisierte Natur-Landschaft zeigt. An der Decke hängt ein großer Kronleuchter mit vielfältigem, echten Kristallglasbehang. Diesen Raum nutzt das Büro als Konferenzzimmer, die modernen Möbel wie die selbst entworfenen MAG Bürostühle bilden einen spannungsvollen Kontrast. Dieses Wechselspiel zwischen historisch und modern prägt auch den jetzt als „Drawing Room“ genutzten, früheren Wintergarten. Wunderschöne Heizungsverkleidungen mit weißlackierten Holzschnitzereien treffen auf ein reduziertes Arbeitsumfeld mit einer geometrisch klaren Pendelleuchte, die eigens hierfür entworfen wurde.
Die Innenarchitekten waren von den vielen liebevollen, fast 100 Jahre alten Details der Villa schon bei der ersten Besichtigung begeistert. Ihr mutiger Einsatz von Farbe greift vorgefundene historische Bezüge auf: Die Wandbespannung, der Blick in den baumbestandenen Garten am Alsterlauf, die dunkelgründigen Heizkörperverkleidungen. Sie inspirierten das Büro zu verschiedenen Grün-Türkistönen, wie ein sattes, dunkles Petrol, das durch Wandleuchten in Szene gesetzt wird oder ein Smaragdgrün an Wänden, Decke und Türen.
Eine weitere, sehr geschätzte, Besonderheit ist der Garten, der an den Alsterlauf grenzt. Hier wurde das Baumhaus des Vormieters mit Lampions geschmückt und bietet abends ein echtes optisches Spektakel. Auch die Tischtennisplatte blieb erhalten. Sie wird in den Mittagspausen regelmäßig vom Team bespielt und während häufiger Feste sehr gerne von den Kindern der Mitarbeiter, Freunden und Kollegen in Anspruch genommen.
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