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In Zukunft ohne Lenkrad

Für Professor Klaus Frenzel wird das autonome Fahrzeug eine immer größere Bedeutung bekommen – zugleich wird es Einfluss auf die Stadtgestaltung nehmen

Cube: Herr Prof. Frenzel, lassen Sie uns in das Jahr 2030 eintauchen. Was wird in dieser Zeit... mehr

Cube: Herr Prof. Frenzel, lassen Sie uns in das Jahr 2030 eintauchen. Was wird in dieser Zeit anders sein, woran heute noch nicht zu denken ist?
Frenzel: Es wird einen kontinuierlichen Informationsaustausch zwischen Fahrzeug, Passagieren und Außenwelt geben. Die Passagiere können dann über Gesten, Eye-Tracking oder Berührung der hochauflösenden Bildschirme im Innenraum intuitiv mit dem vernetzten Fahrzeug interagieren. Dabei erkennen Sensoren die Hände der Passagiere und bieten ihnen bequem erreichbare Bedienoberflächen mit jeweils für die Situation passenden Bedienoptionen. Partikelströme auf den Displays visualisieren die Bewegung des Fahrzeugs. In 15 Jahren wird es im Straßenverkehr sicher viele autonom fahrende Autos geben. Dies ist für uns alle ein riesiger Zeit- und Komfortgewinn, da wir uns in dieser Zeit anderen Dingen widmen können. Zukünftig werden Fahrzeuge durch Ihre Vernetzung untereinander Unfälle in ganz hohem Maße verhindern. Denn, während der Mensch mit seinen Sinnesorganen immer nur einen kleinen Ausschnitt seiner Umgebung wahrnehmen kann, verfügt das autonome Fahrzeug über weit umfänglichere, aktuelle Rundum-Informationen.

Welche positiven Effekte können wir noch erwarten? In dem Moment, in dem die Fahrzeuge miteinander kommunizieren, können sie die Abstände untereinander sehr viel sinnvoller regulieren und verkürzen, so dass der Verkehr fließender wird. All das, was die Städte so blockiert, dieses ewige Pulsieren, kann gesteuert werden. Auch das leidige Thema Parkplatzsuche kann ganz anders gelöst werden. Ich brauche nicht mehr etliche Male um den Block zu fahren, sondern bekomme direkt die Information, wo ein Parkplatz frei ist. Man kann sich auch vorstellen, dass die Fahrzeuge einen absetzen und dann autonom in die Peripherie fahren, um dort zu parken. Die Städte werden dadurch leerer, ruhiger und entspannter. Und ich selber spare viel Zeit und ganz viel Verkehr.

Inwieweit müssen sich unsere Städte auf neue Gestaltungskonzepte einstellen? Zunächst würde ich sagen, die Städte müssen nicht, sie dürfen sich auf neue Konzepte einstellen. Denn viele gravierende Probleme, mit denen Städte heute zu kämpfen haben, werden in Zukunft nicht mehr sein oder können reduziert werden. Die Ampeln und den Verkehrsschilderwald bräuchten wir theoretisch nicht mehr, wenn das durch digitale Vernetzung erfolgen würde. Straßen ohne all die Elemente würden komplett anders aussehen, es gäbe keine Randsteine mehr, die die Verkehrsflächen abtrennen, es wäre einfach eine breite Fußgängerzone, durch die auch die Autos fahren.

Müssten wir dafür unsere jetzigen Autos nicht abgeben und uns alle autonome Autos anschaffen? Man kann sich ja beides zusammen vorstellen, und beides wird sicher auch der Fall sein. Sowohl das rein autonome Fahren als auch das manuelle Fahren. Man könnte aber auch Zonen beispielsweise in der Stadt definieren, in denen nur autonom gefahren wird, so dass die Vorteile zu 100 Prozent ausgenutzt werden. Das ist das Optimum. Die anderen Bereiche kann man sich dann mit Mischverkehr vorstellen. Dort kommen natürlich die Vorteile nicht gänzlich zum Tragen. Die Themen Sicherheit und entspanntes Fahren sind aber auch dort geboten. Ganz wichtig, das autonome Fahren per se funktioniert keineswegs nur, wenn alle mitmachen, es reicht schon für den einen, der mitmacht.

Was macht Sie so sicher, dass die Menschen das autonome Fahrzeug annehmen werden und nicht doch lieber selber das Lenkrad in die Hand nehmen? Das Schöne ist ja, dass die Menschen immer die Wahl haben werden. Das sind alles Optionen, Möglichkeiten, die uns angeboten werden, aus denen wir auswählen können. Ich kann autonom durch die Stadt fahren, ich kann aber auch selber fahren. Der Vorteil ist, dass ich die ganzen Informationen, die ich zur Sicherheit brauche, trotzdem habe. Insofern muss man da gar nichts befürchten, sondern kann sich einfach nur darauf freuen, dass die Möglichkeiten viel breiter und größer sein werden.

Heutzutage steigen viele aber auch auf öffentliche Verkehrsmittel und auf das Fahrrad um. Sind Autos wirklich in 10, 15 Jahren noch so wichtig?
Ich bin der Meinung, das Auto wird in Zukunft sogar noch eine größere Bedeutung haben als heute. Der aktuelle Trend insgesamt, möchte ich meinen, geht doch dahin, dass die individuelle Mobilität wie auch die zunehmende Individualisierung der Gesellschaft immer ausgeprägter wird, und da spielt letztendlich das Auto eine ganz zentrale Rolle neben vielen anderen Dingen.

Sie meinen, dass nicht nur Autofahren, sondern auch der Besitz eines Autos noch wichtiger wird? Der Besitz eines Autos wird in Zukunft durch die gesamte Vernetzung und den Informationsaustausch noch sehr viel mehr ermöglichen. Das Auto lernt dich kennen, es reagiert auf dich. Gerade in der neuen Welt geht die Entwicklung ja immer mehr dahin, dass das Auto sozusagen dein Freund wird, dass es weiß, welche Musik du gerne hörst, zu welchem Kino oder Restaurant du gerne willst.
Bleibt das heute beliebte Carsharing damit auf der Strecke? Auch da denke ich: Jeder, wie er es möchte oder aber auch, wie er es in der jeweiligen Situation möchte. Besitzen, mieten oder teilen kann alles drei gut sein. Das Mieten und das Carsharing sind in sehr vielen Fällen sehr praktisch, weil ich mich um nichts weiter kümmern muss. Eine persönliche Beziehung zwischen Besitzer und Fahrzeug, die kann aber eben nur wachsen, wenn man es besitzt.

Sie schauen ja auch gerne über den Tellerrand hinaus. An der Kunstakademie Düsseldorf vergeben Sie nun zum zweiten Mal den Förderpreis „Mercedes-Benz Kunstakademie Award“ an Studierende, die sich mit der Symbiose aus Mobil (Fahrzeuge) und Immobil (Gebäuden) auseinandersetzen. Wie kam es zu dieser Verbindung? Gemeinsam mit der Kunstakademie ist die Idee entstanden, einen Wettbewerb ins Leben zu rufen, bei dem der Preis in einem diskursiven Verfahren vergeben wird. Das heißt, wir haben mit den Studenten ihre Arbeiten diskutiert. Wir als Automobildesigner sind auch eine kreative Branche, die ganz dicht an den Kunstbereich herankommt. Ich bin der Meinung, dass sich die verschiedenen kreativen Branchen viel intensiver und vernetzter austauschen müssen. Wir gestalten letztendlich alle eine Welt, und deshalb wollen wir auf die anderen, kreativen Branchen zugehen, um den Austausch und das ganzheitliche Gestaltungsverständnis zu fördern. Es gibt mit der Kunstakademie nicht nur Berührungen, es gibt ganz klarr Überschneidungen – jeder lernt etwas vom anderen.

Herr Professor Frenzel, vielen Dank für das Gespräch.

Das Interview führte Elena Berkenkemper

Professor h.c. Klaus Frenzel Leiter Corporate Design Strategie und Digital Interieur Entwurf... mehr

Professor h.c. Klaus Frenzel Leiter Corporate Design Strategie und Digital Interieur Entwurf Daimler AG 1968  geboren in Stuttgart 1990-1995 Studium des Automobildesigns an der Hochschule Pforzheim, Diplom in Transportation Design 1995 Daimler-Benz AG, Eintritt als Designer bei Mercedes-Benz Exterieur / Interieur, Vorlesungen in Automobil Design an der Hochschule Esslingen seit 1995  Positionen innerhalb Mercedes-Benz: Projektmanager Design C-Klasse, Assistenz von Herrn Professor h.c. Pfeiffer (Senior Vice President Design), Leiter des Advanced Design Teams Deutschland, Eingebunden in die Entwicklung verschiedener Serien- und Showcar-Projekte 2008 Daimler AG, Leiter der Abteilung Entwurf Exterieur Mercedes-Benz Cars 2011 Leiter Advanced Design Studio Deutschland Seit 2013 Leiter Design Strategie Seit 2014 Leiter Corporate Design Strategie & Digital Interieur Entwurf 2014 Professor honoris causa der Hochschule Esslingen

Fotos:

Daimler AG

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