Warm und kalt
Wohnung in Neukölln kombiniert einen rauen industriellen Stil mit gemütlichem Vintage-Flair
Die Wohnung im Vorderhaus eines Gründerzeitbaus in Neukölln war in keinem guten Zustand. Der für deren Umbau verantwortliche Architekt Phillip Mohr entschloss sich deshalb zu einer Kernsanierung. Er ließ die alten Dielenböden aufarbeiten, ebenso restaurierte er die Stuckelemente an den Decken. Elektrik sowie Sanitärausstattung wurden komplett neuinstalliert. Rund die Hälfte der Wände entfernte der Architekt, um der Wohnung mehr Offenheit und Licht zu geben. Auf 80 m² ist ein Grundriss entstanden mit einem großzügigen Wohn-Essbereich, Schlaf- und Wohnzimmer sowie einem Bad.
Bei der Gestaltung von Küche und Bad orientierte sich der Architekt am Berliner Nachtleben, vor allem den weltberühmten Tanztempel „Berghain“ nennt er als Referenz. Küche und Bad sind deshalb in einem industriellen Look gehalten, wie man ihn auch in Berliner Technoclubs findet. Das verwendete Material ist kalter Stahl, den die Künstler von „Sometimes Metal Works“ aus New York zusammengeschweißt haben. Die Rückwand der Küche besteht aus einem mit unterschiedlichen Glas gefassten Stahlskelett. Ein Berliner Künstler ist mit einem Lastenfahrrad durch die Umgebung gezogen und hat aus auf der Straße stehenden Baucontainern alte Glasscheiben gesammelt. Die Fundstücke hat er zurechtgeschnitten und in die Rückwand eingesetzt. Im dahinter liegenden Badezimmer sind die Installationen in Edelstahl gefertigt, wie man sie aus den Clubs kennt. Im Gegensatz zur kühlen Materialität in Küche und Bad sind die Wohnräume sowie das Schlafzimmer warm und behaglich gestaltet. Es finden sich Designklassiker, zum Beispiel der Loungechair „Anthony“ von Jean Prouvé oder der „Elliptical Table“ von Charles und Ray Eames. Der Esstisch ist ein Entwurf von Maarten Van Severen, gebraucht gekauft im Artek-Laden im Bikinihaus. Die Leuchten stammen zum großen Teil aus der DDR. Der Architekt hat sie bei einem auf Vintagedesign spezialisierten Händler in Berlin entdeckt.
Die Wohnung zeigt einen Stil, wie er typisch ist für die Hauptstadt. An der Spree geht es nicht oft ganz so schick zu wie in Paris oder London, die Interieurs sind wie die hiesige Mode eher casual. Man verwendet Erb- und Fundstücke, leistet sich vereinzelt einen Designklassiker, kombiniert dazu Kunst. Diese Patchwork-Gestaltung ist immer auch ein Spiegelbild Berlins, in dessen Stadtbild Architekturstile aus den unterschiedlichster Epochen aufeinander treffen.
www.philippmohr.com
Innenarchitekten:
Phillip Mohr
www.philippmohr.com
Glastrennwand:
Nico Baumgarten
www.nicobaumgarten.net
Metallarbeiten (Küchentheke, Glas-/Metall-Trennwand, Barhocker):
Sometimes Metal Works, New York
DDR Lampen:
J&V
www.jandv.eu
Sofatisch (Elliptical Table), Lounge Chair (Antony), Esstisch (A-Table):
Vitra
www.vitra.com
Wandfotos (Wohnzimmer):
Bastian Harting, Berlin
Grafiken (Wohnzimmer):
Manfred Mohr
www.emohr.com
Vorhang (weiße, amerik. Flagge):
Jared Buckhiester, New York
Alte Berliner Dielen:
Krüger Historische Bauelemente
www.historische-bauelemente.de
Baufirma:
CTA GBR
Fotos:
Didier Gaillard-Hohlweg
www.6h45.com