Schöne neue Dot-Com-Welt
Berliner Architekturbüro schafft neue Bürowelten für Zalando
Das Architekturbüro de Winder ist bereits seit 2012 damit beauftragt, in Berlin neue Standorte für den Online-Händler zu entwickeln. Das rasante Wachstum verbunden mit dem Börsengang 2014 sorgte bei Zalando ständig für neuen Platzbedarf. Heute beschäftigt das Internetunternehmen mehr als 9.000 Mitarbeiter, davon arbeiten etwa 3.800 alleine in Berlin. Seit 2014 ist Zalando vollständig aus dem ehemaligen Umspannwerk in Prenzlauer Berg ausgezogen. Alle neuen Standorte zeigen, wie sehr das Unternehmen nicht nur Businessmodelle revolutioniert, sondern auch eine vollkommen neue Arbeits- und Bürowelt erschafft.
Tech Hub an der Mollstraße
Zalando ist im hohen Maße auch Technologieunternehmen und entwickelt seine Shop-, Einkaufs- und Logistik-Software in-house. Die Tech-Abteilung hat Zalando seit 2013 in der Mollstraße unweit des Alexanderplatzes untergebracht. Der Gebäudekomplex besteht aus einem 10-geschossigen Hochhaus und einem Flachbau. Ursprünglich handelte es sich um ein konventionelles Bürogebäude. „Wir haben in Zusammenarbeit mit WAF-Architekten die klassische Zellen- und Flurstruktur komplett entfernt“, berichtet die Architektin Claudia de Winder. „Es entstanden große Gemeinschaftsbüros kombiniert mit Kommunikationszonen und Zonen zum Rückzug“. In den neuen Tech-Unternehmen arbeiten keine einsamen Genies, sondern ausschließlich Teamworker. Die Mitarbeiter sind beruflich und privat über die sozialen Medien mit unzähligen Menschen auf der ganzen Welt befreundet. Kontakte stellen sie unkompliziert per App her. Das spiegelt sich in der Arbeit und dem Leben bei Zalando wider, das Arbeiten findet ohne Barrieren statt.
Im Dot-Com-Büro ziehen die Architekten deshalb keine Wände ein, sondern sie zonieren die Fläche nur noch. Zum Telofonieren oder für Meetings können sich die Mitarbeiter im Zalando „Tech Hub“ in verglaste Räume zurückziehen. Der „Market Place“ oder die Loungezonen sind keine abgeschlossenen Orte, sondern gehen fließend in die Arbeitsbereiche über. Dort machen die Programmierer und Entwickler Pause, können aber auch in einer informellen Umgebung Arbeitsgespräche führen. Raum für Veranstaltungen jeder Art bieten das „Innovation Lab“ im Erdgeschoss oder die Skylounge mit beeindruckendem Rundumblick über Berlin. Nicht nur die Raumstruktur, auch der Stil ist im Dot-Com-Büro anders. Im „Tech Hub“ sind in vielen Räumen der Stahlbeton und die Technikinstallationen freigelegt. Das ehemalige Mediengebäude erhält so einen rauen, industriellen Charme, wirkt pur und unverfälscht. Die Kritikerin Alexandra Lange bezeichnet den Stil der Tech-Szene als „Hacker-Chic“: „Die Büros sehen unfertig aus, wirken wie diese unrealistisch großen Downtown-Lofts in amerikanischen Sitcoms, bewohnt von männlichen Twenty-somethings, die gut ausgestattet sind mit der neuesten Technik.“
„Fashion Hub“ am Ostkreuz
Seit Mitte 2013 hat Zalando den denkmalgeschützten Backsteinbau der Knorr Bremse AG am Berliner Ostkreuz bezogen. Auch hier ist die Zellenstruktur aufgebrochen und in offene Flächen umgewandelt. Um den industriellen Charakter des Gebäudes wiederherzustellen, wurden die Rippendecke sowie die Technikinstallationen freigelegt. „Im Zalando Fashion Hub wird Mode entworfen, liegen Stoffe in unterschiedlichen Farben auf den Tischen, in den Räumen stehen unzählige Kleiderständer“, berichtet Claudia de Winder. „Gegen diese Vielfalt wollten wir eine bewusst schlichte Gestaltung setzen.“
Im Eingangsbereich lassen die Architekten Mode-Glamour aufkommen. Die Wände sind mit Spiegeln und großformatigen Fashionfotos verkleidet. Die Bildmotive werden als Fototapete in der Liftrotunde wieder aufgenommen. Alle verwendeten Motive stammen aus der von Joern Toellner & Marc Schumann veröffentlichten preisgekrönten Buchserie „The Berlin Fashionweek Photodiary“TM.
Headquarter in Friedrichshain (c)
Als Headquarter hat Zalando einen Neubau in Friedrichshain bezogen. Das Prinzip des Büros ohne Wände wird auch in dem Neubau aufrecht erhalten. Die Architekten haben in diesem Gebäude jeder Etage eine Farbwelt zugewiesen. Das Farbsystem dient der schnelleren Orientierung und erhöht die Identifikation der Mitarbeiter mit ihrem Arbeitsplatz. Im Konferenzsaal haben die Planer großflächige Akustiksegel und runde überdimensionierte Pendelleuchten angebracht. Apple Gründer Steve Jobs trug nie Anzug und Krawatte, sondern Rollkragenpullover, Sneakers und Jeans. Im Zalando Headquarter findet man selbst im Chefzimmer keine Möbel aus Stahlrohr und dunklem Leder, die Statussymbole der alten Ökonomie. Stattdessen erfreut sich die Dot-Com-Gemeinde an einem Chic, der an die New Yorker Hotelkette Ace oder die ehemalige Berliner Bar 25 erinnert. Die neuen Bürowelten spiegeln die Lebensrealität und die Ansprüche der neuen Generation wieder. Das Durchschnittsalter bei Zalando ist 30 Jahre. In der Mitarbeiterschaft finden sich über 100 unterschiedliche Nationen.
www.dewinder.de
Fotos:
Mark Seelen
www.markseelen.com