Leuchtendes Rosa
Die Wüstenrot Stiftung hat die denkmalgerechte Sanierung des Umluftanks von Ludwig Leo ermöglicht
Der Umlufttank auf der Schleuseninsel in Tiergarten gehört zu den Ikonen der jüngeren Baugeschichte Berlins. Das in der Zeit von 1968 bis 1974 errichtete Gebäude ist ein eindrucksvolles Beispiel für einen Brutalismus der etwas anderen Art. Man möchte das Werk mehr der Pop Art zurechnen oder darin eine vorweggenommene Postmoderne sehen.
Im Grunde handelt es sich gar nicht um ein klassisches Gebäude, sondern um einen Hybriden aus Architektur, Industriebau, Maschine und wissenschaftlichem Gerät. Die Anlage wurde von 1968 bis 1974 vom Wasserbauingenieur Christian Boës für die Versuchsanstalt für Wasserbau und Schiffbau entwickelt. In der 120 m langen, rosafarbenen Ringrohrleitung befinden sich 3.500 m³ Wasser. Ein 3,5 m durchmessenden Propeller, angetrieben von zwei 2.750 PS starken Dieselmotoren, setzt das Wasser in Bewegung. Es strömt durch die 11 m lange Messstrecke in der blauen Laborhalle. Auf der Messstrecke können Schiffsmodelle fixiert und zum Beispiel auf ihr Strömungsverhalten getestet werden. Der Tank ist weltweit der größte seiner Art. Der Bau des Umlufttanks war ein prestigeträchtiges Projekt zur Zeiten des geteilten Berlins. Der verantwortliche Architekt Ludwig Leo ist 2012 im Alter von 88 Jahren gestorben. Er gilt als einer der eigenwilligsten Architekten der deutschen Nachkriegsgeschichte. In Berlin kennt man Leo auch als Architekten der Zentrale der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) in Spandau – ebenfalls ein Hybrid aus Maschine und Architektur.
Der Umlufttank war nie außer Betrieb, wurde allerdings in den letzten Jahren durch den Betreiber, die TU Berlin, immer seltener genutzt. Erst durch das Engagement der Wüstenrot Stiftung wurden Pläne zur Sanierung konkret. Die Stiftung hat nicht nur im Rahmen ihres Denkmalprogramms die Arbeiten mit circa 3,5 Mio. Euro finanziert, sondern auch die Bauherrschaft übernommen. Ausdrücklich ging es der Stiftung nicht um die technische Modernisierung der Anlage, sondern um den denkmalgerechten Erhalt des Gebäudes. 2014 begannen die Architekten HG Merz aus Stuttgart und adb aus Berlin mit den Planungsarbeiten. Ziel war es, dass Gebäude innen wie außen in maximaler Authentizität zu erhalten. Die verwendeten Materialien, wie zum Beispiel der PU Schaum der Röhre oder die Blechpaneele der Außenfassade, bringen sehr schlechte Alterungseigenschaften mit. Deshalb mussten die Architekten umfangreiche Materialforschungen durchführen. Heute strahlt der Umlufttank wieder in seinen leuchtenden Farben Blau und Rosa. Die TU Berlin möchte die Anlage weiterhin für Versuche nutzen und deren ursprüngliche Funktion für Forschungen erhalten. Die Öffentlichkeit soll verstärkt Zugang zu diesem eigenwilligen Technik- und Architektur-Denkmal erhalten.
www.hgmerz.com
www.adb-berlin.de
Architekten (Sanierung):
HG Merz
www.hgmerz.com
adb
www.adb-berlin.de
Fotos:
Philipp Lohöfener/Wüstenrot Stiftung