Zirkuläre Materialrevolution
„The Cradle“ im Medienhafen ist ein Leuchtturmprojekt des kreislauffähigen Bauens
Alte Konventionen hinter sich lassen und neue Wege in der Architektur zu beschreiten – dafür steht das neue Office-Gebäude „The Cradle“ am Rande des Düsseldorfer Medienhafens. Ein integrales Planungsteam aus den Düsseldorfer HPP Architekten, dem Bauherrn Interboden und der beteiligten Fachplaner hat dort ein Pilotprojekt im Bereich des kreislauffähigen Bauens umgesetzt, ohne dabei auf bereits bestehende Grundlagen setzen zu können.
Der Bürobau wurde auf dem damals letzten Grundstück am Wasser an der Speditionsstraße im Düsseldorfer Medienhafen errichtet. Heute zeichnet sich das Gebäude durch eine besonders hohe Materialgesundheit und inspirierende Räumlichkeiten für Mieter und Besucher:innen aus. Der Materialmix der Fassade – Holz, Glas und Beton – und die identitätsstiftenden V-Stützen, die den Ausblick auf die Umgebung rahmen und immer wieder Austrittsmöglichkeiten erlauben, verleihen dem Innenraum eine eindrucksvolle Atmosphäre. Zudem profitiert man aufgrund der filternden und regulierenden Eigenschaften des Materials Holz, aber auch der geschosshohen „Green Walls“ von einem ausgezeichneten Raumklima, das gerade für Asthmatiker:innen und Allergiker:innen gesundheitsfördernd sein kann. Im Erdgeschoss befinden sich öffentlich zugängliche Bereiche – etwa die Coworking-Flächen eines Büroflächen-Anbieters und das Restaurant „Hato“ mit seiner zum Wasser hin orientierten Außenterrasse. Das zirkuläre Bauen beruht auf der Idee, dass möglichst keine Rohstoffe als Müll entsorgt werden, sondern dass alles Verbaute in neuen Kreisläufen wiederverwendet wird. Im Sinne des sogenannten Cradle-to-Cradle®-Prinzips agiert „The Cradle“ als Materiallager: Alle im Gebäude verwendeten Materialien wurden hinsichtlich Materialgesundheit, Schadstofffreiheit und späterer Demontagefähigkeit geprüft. Zudem wurde die rautenförmige Holzfassade aus dem Ort heraus entwickelt und verbindet Tragwerk, Sonnenschutz und auch Loggien integral in ihrem Design. Sie ist zugleich zeichenhafter Ausdruck der Kreislauffähigkeit, denn die elementierten V-Stützen aus Lärchenholz folgen dem Konzept „Design für Disassembly“. Insgesamt wurden 2.150 m³ Holz aus zertifiziert nachhaltiger europäischer, größtenteils deutscher Forstwirtschaft verbaut. Holz als nachwachsendes Material ersetzt dort, wo möglich, den umweltschädlichen Baustoff Beton, speichert Kohlenstoff und verbessert dadurch den CO₂-Fußabdruck des Gebäudes. Der sogenannte Circularity Passport® – das Planungs- und Dokumentationsinstrument für die Berechnung der Kreislauffähigkeit – gibt hierüber Aufschluss: So konnte im Vergleich zu Standardgebäuden etwa die Materialgesundheit bei „The Cradle“ um 56 Prozent und der CO₂-Fußabdruck um 50 Prozent verbessert werden.
Fotos:
Ralph Richter
www.gurkenland.de
(Erschienen in CUBE Düsseldorf 04|24)