Qualität durch Verdichtung
Denkmalgeschütztes Altstadtgebäude erfährt durch Ergänzungsbauten eine Renaissance
Behutsam, maßstabsgerecht und die denkmalpflegerischen Belange maximal berücksichtigend, so lautete die Vorgabe für die ergänzende Neubebauung zu diesem historischen Kulturdenkmal. Die Bausubstanz des signifikanten Gebäudes geht in Teilen bis ins 15. Jahrhundert zurück. Die dominante Wirkung respektierend, fügten Glück + Partner Architekten einen Erweiterungsbau in zwei Teilen an: ein Hinterhaus entlang der östlichen Grundstücksfläche und einen Verbindungsbau im Norden. Das U-förmige Gebäudeensemble aus Alt und Neu umschließt einen zur Straße hin offenen Innenhof. Die Farbigkeit beider Gebäudeteile ist fein aufeinander abgestimmt, sodass trotz unterschiedlicher Materialität ein stimmiger Ensemblecharakter entstanden ist.
Im Gegensatz zum Bestand mit seiner Fülle an historischen Details zeigt sich der Erweiterungsbau in einer reduzierten Formensprache. Die monolithische Bauweise erhielt eine homogene Ziegel-Außenhaut als Vormauerschale und eine Dachdeckung mit Ziegelelementen. Der Altbau inspirierte zur Entwicklung der Lochfassade mit zwei unterschiedlichen, leicht stehenden Fensterformaten. Dabei entspricht das kleinere Fenster den historischen Fensteröffnungen und das größere der Fläche von Fenster und Fensterladen zusammen. Ein denkmalgerechter und nur 4 Zentimeter starker Dämmputz auf dem sanierten Fachwerk ermöglichte den Bestand energetisch zu ertüchtigen und das historische Erscheinungsbild weitestgehend zu bewahren. Sämtliche Fensterrahmen konnten beim Einbau neuer Isolierverglasungen bzw. von Kastenfenstern im Bereich der historischen Fenster mit Bleisprossen erhalten werden.
Als Teil des Stadtmuseums stellt sich das Haus mit seiner komplexen Baugeschichte, der interessanten Raumstruktur, den gut erhaltenen historischen Details und den Farbfassungen an Wand und Decke vor allem selbst aus. Im 1. Obergeschoss des Hinterhauses befindet sich ein multifunktionaler Ausstellungs- und Veranstaltungsraum, darüber eine komfortable Wohnung mit Galerieebene und Dachterrasse. Vom Innenhof führt der Haupteingang in ein Foyer mit offener Treppe und einem Aufzug, der die Obergeschosse barrierefrei erschließt. Die Gastraumflächen im Alt- und Neubau, die bewusst unterschiedlich gestaltet sind, beziehen einen Gewölbekeller aus dem 15. Jahrhundert ein. Der neue Gastraum im Hinterhaus öffnet sich zum laubenartig gestalteten Freibereich.
Fotos:
Roland Halbe
www.rolandhalbe.eu
(Erschienen in CUBE Stuttgart 03|24)