Metamorphose im Hinterhof
Die alte Mälzerei eines früheren Brauhauses verwandelt sich in eine großzügige Wohnoase
Hinterhoflagen für Wohnzwecke umzunutzen, ist kein leichtes Unterfangen. Vorhandene Bebauungen und Nutzungen, aber auch Nachbarschaftsrechte machen die Sache zu einer komplizierten baulichen Operation. Eine Machbarkeitsstudie hatte dennoch den Beweis erbracht, dass sich der nahezu komplett überbaute Hinterhof einer früheren Gaststätte in Innenstadtlage für den Bau eines größeren Einfamilienhauses eignet. E2 Architekten aus Meerbusch realisierten ein spannungsvolles Projekt, das innen und außen wie ein moderner Neubau aussieht, in dem jedoch tatsächlich ein komplexer Umbau steckt.
Das Gasthaus an der Ecke stammt aus dem 19. Jahrhundert, die Bauten eines Brauhauses im Hinterhof waren aus verschiedenen Jahrhunderten – darunter ein Vereinssaal, eine frühere Mälzerei und diverse funktionale Anbauten, die in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts realisiert worden waren. Allein das Gasthaus aus Backstein wies komplett eine erhaltenswerte Substanz auf und wurde entsprechend für eine weitere Wohneinheit umgenutzt und saniert. Nahezu alle anderen Bauten wurden dagegen zurückgebaut – bis auf die Mälzerei von 1867, deren Teilerhalt aus baurechtlichen Gründen geboten erschien: Zwei der vier Außenwände standen als Brandwände auf der Grundstücksgrenze. Um diese Lage beizubehalten, wurde der Rohbau samt des vorhandenen Kellergewölbes erhalten – wobei zugleich ein radikaler Umbau vorgenommen wurde, der von der ursprünglichen Gebäudesubstanz nichts mehr erahnen lässt. So konnte eine freigeräumte Hofsituation entstehen, wenn auch mit der damit verbundenen Herausforderung, die Belichtung des Gebäudes allein von Norden und Osten zu regeln. Der großzügige, kubisch zugeschnittene Baukörper mit einer gedämmten Putzfassade und anthrazitfarbenen Aluminiumfenstern schließt entsprechend zur Westseite direkt an die Nachbarbebauung an. Die Kubatur entspricht 1:1 der früheren Mälzerei – auch in der Höhe: Das weitläufige Wohnzimmer konnte so über zwei Geschosse geführt werden, wobei die Belichtung über eine 6 m hohe, nach Osten ausgerichtete Fensterfront erfolgt. Eine Überhitzung der Glasfront wird einerseits durch außenliegenden Sonnenschutz, andererseits von den näheren Umgebungsbauten verhindert. Ein offener Tunnelkamin trennt den Wohnbereich von Küche, Essbereich und dem separierten Entree. Nach Norden hin verbinden Panoramafenster die Räume mit der Außenterrasse und dem begrünten Außenbereich des Hofes. Mit großer Geste springt über dem Obergeschoss das mit weißen Aluminiumplatten bekleidete Staffelgeschoss zurück: Die markante, weit hervorkragende, massive Dachplatte scheint dabei über dem Gebäude frei zu schweben. Hier befindet sich die Elternetage kombiniert mit einer weitläufigen über Eck geführten Dachterrasse, von der aus man einen großartigen Blick über die Dächer der Stadt genießt.
Wohnfläche: 220 m²
Grundstücksgröße: 608 m²
Bauzeit: 13 Monate (davon 3 Monate Rückbau)
Energiekonzept: Brennwerttherme mit Fußbodenheizung
Bauweise: Massivbauweise
Fotos:
Michael Reisch
www.michaelreisch.net
(Erschienen in CUBE Düsseldorf 03|21)