Selbstbewusst verbindend
Zwei repräsentative Räume im Historischen Rathaus haben ihr Gesicht geschärft
Historie und Heute selbstbewusst nebeneinander erstrahlen zu lassen – das ist die Leitidee zweier gestalterischer Interventionen, die das Kölner Architektur- und Innenarchitekturbüro Lepel & Lepel im Historischen Rathaus im Auftrag der Stadt Köln geplant und realisiert hat. Den beiden Arbeiten für den Hansasaal und der vorangehenden Piazzetta ist gemein, dass sie sowohl die Funktion als auch die Atmosphäre und Wirkung der Architektur verstärken und den leeren wie auch den belebten Raum um neue Facetten bereichern. In enger Absprache mit der Denkmalpflege ist es hier gelungen, Alt und Neu beherzt zu einem harmonischen Ganzen zu verbinden.
Die 1972 eingeweihte Piazzetta, die nach Plänen des bekannten Kölner Nachkriegsarchitekten Karl Band errichtet wurde, wird durch maximale Zurückhaltung und Klarheit gewürdigt. Die Herausforderung war es, auf dem „Freien Platz“, wie der Architekt die Idee des Gebäudes formulierte, ein Podest so einzigartig und genau zu platzieren, dass der ursprüngliche Wunsch nach einem mobilen Podest aufgegeben werden konnte. Das ausgeführte polygonale Podest wird in seinen Umrissen durch Wege- und Blickbeziehungen geformt. Die starke innere Verbindung zur Deckenskulptur „Baldachin“ von Hann Trier (1980), genannt „Wolke“, ist augenfällig und beabsichtigt. Die gespachtelte, homogene Betonoberfläche ergänzt die robusten und großzügigen Materialien der Piazzetta. Kontrastierend dazu kam ausschließlich Leder zur Anwendung, das allen Berührungsflächen eine angemessene Detailqualität gibt. Das barrierefrei zugängliche Podest ist dabei ein durch und durch demokratisches Angebot an die Bürger:innen: Die Kante bietet sich als Sitzmöglichkeit an, die Bank dient für Podiumsveranstaltungen und das rückseitig eingebaute Licht in verschiedenen Szenarien bildet einen guten Hintergrund für Fotoaufnahmen. Der 30 Meter lange, gotische Hansasaal aus dem frühen 14. Jahrhundert gilt mit seinem umlaufenden Maßwerk und dem Figurenschmuck an den Stirnseiten als der bedeutendste profane Innenraum der Stadt Köln. Über verschiedene Epochen verändert, bildet er heute als denkmalgeschütztes Gesamtkunstwerk einen wichtigen Mittelpunkt der Stadtgesellschaft. Der erneuerte Bodenbelag und die neue Beleuchtung reflektieren formale wie kunsthistorische Bezüge gleichermaßen: Das Wabenmuster des Parkettbodens nimmt Bezug auf das Würfelmuster der italienischen Renaissance, die sowohl den Löwenhof als auch den Senatssaal sowie die Renaissancelaube im Historischen Rathaus geprägt hat. Durch den Kunstgriff der Maßstabsvergrößerung erhält der Saal, der durch das hölzerne, erst 1972 wiederhergestellte Spitzbogengewölbe geprägt ist, einen dramatischen Akzent. Im Zusammenklang mit den Wabenstrukturen der neuen Kronleuchter, die das Maßwerk der historischen Fenster interpretieren, entsteht eine verbindende neue Maßstäblichkeit.
Fotos:
HG Esch
www.hgesch.de
(Erschienen in CUBE Köln Bonn 03|24)