Sakrales Ambiente
Ein Umbau in Lindenthal interpretiert respektvoll den Nachkriegsbestand
Das Wohnhaus in Köln-Lindenthal, entworfen und realisiert in den 1950er-Jahren vom bekannten Kölner Architekten Hans Schilling (1921–2009), ist ein beeindruckendes und erhaltenswertes Beispiel Kölner Nachkriegsarchitektur. Das freistehende zweigeschossige Mehrfamilienhaus ist auf jeder Etage mit einer Wohneinheit ausgestattet, deren räumliche Proportionen und Materialität eine sakrale Atmosphäre erzeugt, die an die bedeutenden Kirchenbauten von Hans Schilling erinnert. Das Kölner Architekturbüro Catalanoquiel hat den vorhandenen Bestand der Wohnung im Erdgeschoss respektvoll und auf das Wesentliche reduziert umgebaut.
Die Bauherrin, die selbst in dem Haus aufgewachsen ist, verbindet eine tiefe Beziehung zu den Räumlichkeiten, der Geschichte des Bauwerkes und den wertvollen architektonischen Details. Besonders schützenswert sind die vor Ort angefertigten Glaselemente des Kürtener Künstlers und Glasmalers Friedrich Hans „Fritz“ Lauten (1935–1989), der während eines temporären Aufenthaltes im Wohnhaus eine Reihe einzigartiger Kunstwerke schuf. Der Wunsch nach einem behutsamen Eingriff, der den Charakter des Hauses bewahrt, war entsprechend für beide Seiten von höchster Bedeutung. Durch den Rückbau bis zur statisch notwendigen Struktur konnte ein großzügiger, fließender und offener Grundriss erzielt werden, der den Wunsch nach maximaler Freiheit und Flexibilität zulässt. Das Ergebnis ist ein großer, langgestreckter Raum, der durch mit Bedacht platzierte Inseln in Form von Möbelelementen ergänzt wird. Im Eingangsbereich findet man sich am Kreuzungspunkt der Längs- und Querachse wieder, an dem das Wohnhaus erstmalig in seiner vollen Länge und Breite wahrgenommen werden kann. Während sich im hinteren Bereich der Wohnung die privaten Räume wie etwa das Schlaf- und Badezimmer befinden, wird man im vorderen Teil der Wohnung von einem sechs Meter hohen Raum mit einer Zwischengalerie empfangen. Der sakral anmutende Wohnraum erfährt durch das Licht- und Farbspektakel der Glasmalerei von Fritz Lauten eine je nach Lichteinfall dynamische Belebung. Die Glaskunstwerke werden dabei durch ein neu hinzugefügtes Highlight ergänzt: Eine filigrane Edelstahltreppe erschließt die Galerie und positioniert sich als sanft das Tagelicht reflektierende Skulptur im Raum. Die Materialität des neu verlegten Bodens ist vor allem dem Wunsch entsprungen, den fließenden Grundriss zu stärken. Der Belag aus ökologischem, wiederverwendbarem Gussterrazzo kommt in der gesamten Wohneinheit durchgängig bis in die Duschbereiche des Badezimmers zum Einsatz. Er ersetzt den früheren Natursteinboden, der aufgrund der gewünschten Installation einer Fußbodenheizung, aber auch wegen des neuen großzügigen Grundrisses nicht gänzlich erhalten werden konnte. Auf dem straßenseitigen Balkon, der im Zuge des Umbaus auch erneuert werden sollte, ist heute noch ein Teil des Bodenbelags in wiederverwendeter Form zu finden. Im direkten Vergleich wird deutlich, wie sich der neue Belag sowohl in der Farbigkeit als auch in punkto Materialität und Wertigkeit an seinen Vorgänger interpretativ annähert.
Fotos:
Eugenio D Catalano
Timo Stürmer
(Erschienen in CUBE Köln Bonn 03|24)