Moderne Interpretation
Traumhaus in Hanglage mit zeitgenössischem Walmdach
Wer in Deutschland ein Einfamilienhaus plant, muss sich aufgrund von Bebauungsplänen häufig an enge Regeln halten. Doch was passiert, wenn man in einem Gebiet mit einem konservativen Bebauungsplan ein modernes, ästhetisch ambitioniertes Wohnhaus realisieren möchte? Im Taunus zeigt ein neues Projekt, wie man mit architektonischer Raffinesse, gestalterischem Mut und Respekt vor dem Umfeld ein Haus erschafft, das auffällt, ohne zu stören. Den Auftrag für dieses Privathaus erhielt das Darmstädter Architekturbüro Gerhard.Architekten, das mit dem Bauherren bereits bei der Umgestaltung einer Gewerbeimmobilie erfolgreich zusammengearbeitet hatte.
Die Aufgabe lautete nun, ein Zuhause für eine fünfköpfige Familie zu schaffen. Und der Anspruch war hoch: Schließlich sollte ein besonderes Haus mit hochwertigen, nachhaltigen Materialien, vielfältigen Raumbezügen und einer unverwechselbaren architektonischen Identität entstehen. Das 1.728 m² große Grundstück liegt an einem Hang – mit weitem Blick in ein Tal. Genau diese Topografie bestimmte die Gestaltung: Denn statt gegen das Gefälle zu arbeiten, integrierten die Architekten es in die Entwurfsidee. So nutzt die Architektur die Hanglage geschickt, um unterschiedliche Ebenen zu schaffen, Raumflüsse zu lenken und dem Haus seine Offenheit zum Tal hin zu verleihen. Der konservative Bebauungsplan forderte klassische Formen – unter anderem ein Walmdach. Die Architekten interpretierten diese Dachform modern, sodass sie sich formal in die Nachbarschaft einfügt, gleichzeitig aber neue Wege geht: Sie teilten den Baukörper gezielt, so das in seinem Mittelpunkt ein Atrium entstand, das Licht bis tief ins Haus bringt und fließende Übergänge zwischen Innen und Außen schafft. Auf diese Weise gelang es, die konventionelle Typologie subtil zu unterlaufen und zusätzliche hohe Raumqualitäten zu schaffen. Die präzise gearbeitete, langlebige und pflegeleichte Fassade des Daches aus Aluminiumverbundplatten setzt ein klares Zeichen: Sie bildet einen bewussten Kontrast zur eher zurückhaltenden Nachbarschaft und integriert sich nicht durch vollkommene Anpassung, sondern durch Haltung.
Im Inneren ist die Raumabfolge fließend, aber klar gegliedert. Der zentrale Wohnbereich bildet das Herz des Hauses, flankiert von individuellen Rückzugsorten. Zusammen mit der Sauna im Masterbad und Dachterrassen entstanden so Orte der Ruhe und mit Wohlfühlcharakter. Großzügige Verglasungen öffnen zudem den Blick ins Tal und in die Natur. Hochwertige und reduzierte Materialien dominieren die Innenräume, wie beispielsweise ein nahtlos gespachtelter Boden im Erd- und Untergeschoss, Fischgrätparkett ohne Sockelleisten im Obergeschoss, Blockzargen in flächenbündiger Ausführung, hochwertige Tapeten und eine filigran geführte Kragarmtreppe aus Eiche. In den Sanitärbereichen fällt der Blick auf großformatige Fliesen, formschöne Objekte und hochwertige Armaturen. Auch beim Außenraum wurde nichts dem Zufall überlassen: In Zusammenarbeit mit einem Garten- und Landschaftsplaner entstand ein Konzept, das die architektonischen Linien aufnimmt und in die Umgebung übersetzt. Insgesamt zeigt das Projekt, dass gute Architektur nicht immer laut sein muss, um Haltung zu zeigen. Sie kann sich an Regeln orientieren – und diese zugleich hinterfragen.
Fotos:
Ralf Heidenreich
www.heidenreich.biz
(Erschienen in CUBE Frankfurt 02|25)