Versöhnender Solitär
Ein Wohnhaus in Gerresheim fügt sich mit plastischer Dachlandschaft in seine Nachbarschaft ein
Bereits 2008 konnten pier7 architekten aus Düsseldorf für die Evangelische Kirchengemeinde Gerresheim ein neues Gemeindezentrum planen, das sich behutsam in den Denkmalbestand integriert. Auf der gegenüberliegenden Seite der Hardenbergstraße ergab sich für das Büro nun erneut die Gelegenheit, Fingerspitzengefühl im Umgang mit dem Ort zu zeigen: Für die Kirchengemeinde wurde ein neues barrierefreies Mehrfamilienhaus geplant, das sich dank seiner komplexen Kubatur mit Augenmaß harmonisch in die Umgebung einfügt. Das Grundstück, das zuvor nur mit einem eingeschossigen, sanierungsbedürftigen Pfarrhaus bebaut war, bot das Potenzial für eine bessere Ausnutzung mit einem mehrgeschossigen Wohnhaus. An einem Straßenknick zwischen einer geschlossenen, bestandgeschützten Gründerzeitbebauung und einer niedrigen aufgelockerten Wohnbebauung gelegen, war beim Entwurf die größte Herausforderung, das richtige Maß für den Neubau inmitten des heterogenen Bestands zu finden. Den Übergang stellt ein drei- bis viergeschossiger Baukörper her: Dieser richtet sich unter Einbeziehung der Abstandsflächen an den Baufluchten der Anrainer aus ist sowohl straßen- wie auch gartenseitig in der Höhe gestaffelt. Dabei sind es besonders die zu drei Seiten steil geneigten Dachflächen, mit denen eine unterschiedliche Anschlusshöhe zu den Nachbargebäuden ausgebildet wird.
Die plastische Wirkung der Dachform wird durch das monochrome Erscheinungsbild weiter unterstrichen: Ein helles Lichtgrau prägt die mit Besenstrich ausgeführte Kratz-Putzfassade, die Holz-Alufenster sowie ihre Raffstores genauso wie das Dach aus Faserzementplatten und die Absturzsicherungen. Es entsteht eine einheitliche und zugleich zurückhaltende Wirkung im Stadtraum. Vielfältig sind dagegen die Grundrisse der Ein- bis Viereinhalb-Zimmerwohnungen: Neun sehr individuell geschnittene, lichtdurchflutete und barrierefreie Wohneinheiten mit großzügigen Balkon- und Terrassenflächen bilden die neue Hausgemeinschaft. Auch zwei Maisonette-Wohnungen sind darunter, die sich jederzeit flexibel zu zwei kleineren Wohneinheiten separieren lassen. Neben dem Wohnraum nimmt das Haus zudem eine soziale Nutzung auf: Erdgeschoss und Souterrain werden von der Diakonie für die Tagesbetreuung von Grundschüler:innen genutzt. Energetisch punktet der Neubau durch eine dachgestützte Luftwärmepumpe mit Fußbodenheizung und kontrollierte Wohnraumlüftung über Fensterfalzlüfter, zwei Duplex-Garagen mit Wallbox-Anschlüssen sowie den Fahrradkeller mit E-Ladedosen. In einer zweiten Ausbaustufe soll schließlich noch eine PV-Anlage auf dem Dach folgen.
Fotos:
Michael Reisch
www.michaelreisch.net
(Erschienen in CUBE Düsseldorf 01|25)