Beethoven in Farbe
Farbenfrohe und zweckmäßige Ertüchtigung eines denkmalgeschützten Gymnasiums
Inmitten eines Lankwitzer Viertels mit Wohnblöcken steht ein antiker Tempel: Mit einem gewaltigen säulenbewehrten Portikus empfängt das Beethoven-Gymnasium seine Nutzer: ca. 900 Schüler und 90 Lehrer. Der stattliche vierflügelige Baukörper ist mittlerweile in die Jahre gekommen: Das Gebäude wurde 1913 nach Plänen von Fritz Freymüller erbaut. Die pompöse Vorderfront war dem Umstand geschuldet, dass sich hier der Gemeindesaal befand – heute eine beeindruckende Aula und Veranstaltungsraum für die Schule. Eine auf Jahre ausgelegte Sanierungs- und Modernisierungsmaßnahme begann schon 2016 und wird sich noch Jahre hinziehen. Einen internationalen Wettbewerb hierfür konnte das Berliner Büro TSSB Architekten.Ingenieure für sich entscheiden. TSSB hat in einem ersten Bauabschnitt zunächst einen Neubau aus den 1970er-Jahren in Angriff genommen. Der Schuleingang auf der Rückseite des Gebäudes führt in einen Innenhof und in die einzelnen Flügel des Gevierts. Ursprünglich sollten im „Neubau“ nur die Fenster ausgetauscht werden. Stattdessen konnten die Architekten in stetigem Austausch mit der Schulleitung und in zähen Verhandlungen mit den Behörden einiges mehr durchsetzen: Die Akustik in der Mensa wurde verbessert, indem schallschluckende riesige Leinwände aufgehängt wurden, die von den Schülern gestaltet worden waren. Ein vermeintlich kleiner Eingriff – aber ein sehr wirkungsvoller. In den zuvor sehr hallenden Treppenhäusern wurden ebenfalls gelochte, mit Mineralwolle hinterfütterte Schallschutzpaneele angebracht. Die große und tragende Rolle spielt der gezielte Einsatz von kräftigen Farben auf den einzelnen Stockwerken. Im Erdgeschoss gibt Rot den Ton an. Der Kunststoffboden ist rot, ebenso die Türen und die gekachelten Toiletten. Das Besondere aber ist, dass die breiten Flure, die bisher aus Sicherheitsgründen nicht bespielt werden durften, nun in Aufenthaltsräume verwandelt wurden – und zwar so, dass immer noch genügend Raum für Fluchtwege und Bewegungsfreiheit bleibt. Skulpturartige Möbel mit schrägen Winkeln und Flächen bieten Sitzmöglichkeiten und Arbeitsflächen für die Schüler in den Pausen – ein enormer Zugewinn, nachdem sie bisher auf dem Boden oder den Treppen sitzen mussten. Im 1. Obergeschoss wiederholt sich das Spiel mit Farben und Formen. Hier ist es ein fröhliches Sonnengelb, das ohnehin Licht und Leichtigkeit suggeriert. Schulbänken ähnelnde Nischen sind hier der Hingucker. Das 2. Obergeschoss ist das blaue Geschoss. Es dient den Naturwissenschaften mit einem Chemie-, Biologie- und Physiksaal. Nicht zu vergessen die gesamte, auf Digitalisierung abgestimmte Technikerneuerung mit Computeranschlüssen, Whiteboards etc. sowie auf das Außenlicht reagierende Jalousien und LED-Elemente, die ein wesentlich freundlicheres Licht abstrahlen als die früher gebräuchlichen grellen Neonröhren.
Fotos:
TSSB Architekten.Ingenieure, Klaudia Ali
Natalia Mikhailova
www.nami-made.com
(Erschienen in CUBE Berlin 02|21)