Schwarzer Ziegel am Gasometer
Ein sowohl typologisch als auch formal untypisches Wohngebäude
Unweit des denkmalgeschützten Schöneberger Gasometers aus dem Jahr 1913 gab es seit Ende des Zweiten Weltkrieges eine Brache, die über alle Wendejahre unbebaut blieb. Auf dem nur 22 Meter tiefen Grundstück zwischen Ebersstraße und den Bahngleisen der S-Bahn entstand nach mehr als einem halben Jahrhundert ein langer, schmaler Mehrgeschosswohnungsbau, der 2021 fertiggestellt wurde.
Die Architekten kleyer.koblitz.letzel.freivogel (kklf) erhielten einen Direktauftrag des Bauherren und waren weitgehend frei in der Gestaltung. Das schlanke, 13 Meter tiefe, 55 Meter lange Gebäude schließt den Blockrand ab. Es steht direkt an der Ebersstraße und dockt im Süden mit derselben Traufhöhe an sein Nachbargebäude an. Seinem Stadtteil verdankt das Bauwerk den freundlichen Namen „Schönebers“ – als direktes Gegenüber zur sogenannten „Roten Insel“, mit dem markanten Gasometer als weithin sichtbaren Orientierungspunkt im Berliner Westen.
Die Albertstraße führt, von der breiten Verkehrsader Hauptstraße kommend, direkt auf das Gebäude zu. Das langgestreckte Gebäude fällt durch seine horizontale Gliederung auf und hebt sich so von den Gründerzeithäusern der Nachbarschaft ab. Das Profil des Berliner Daches schließt den Baukörper an seiner Stirnseite ab und verleiht ihm einen kraftvollen bauplastischen Abschluss.
Auch die Klinkerfassade ist an diesem Ort eher eine Seltenheit, passt sich aber dennoch gut seiner Umgebung an. Auf der Rückseite zu den Bahngleisen dient ein schmaler Rasenstreifen als Garten für die Bewohner:innen im Erdgeschoss. Im Wohngebäude mischen sich zwei Wohntypologien: Die ersten beiden Stockwerke sind als in sich abgeschlossene Reihenhäuser oder Townhäuser aneinandergereiht. Jedes der acht Häuser wird von der Straße aus erschlossen und verfügt auf der Rückseite über eine Gartenparzelle. In den übrigen vier Etagen darüber befinden sich 20 Geschosswohnungen mit großen Balkonen, sowohl an der Vorder- als auch an der Rückseite. Sie werden durch zwei Treppenhäuser erschlossen. Größen und Grundrisse der Wohnungen variieren, die Eigentümer:innen konnten ihre Raumaufteilung selbst wählen. Die Hauptnutzfläche des Gebäudes beläuft sich auf 3.800 m2. Das massive Mauerwerk aus dunklen Klinkern wird durch filigrane horizontale Betongesimse gegliedert. Durch die ebenfalls vollständig verklinkerte Giebelfassaden erhält der Baukörper seine Wirkung als Skulptur. Die strukturierenden Bänder setzen sich auch hier fort. Die linear zusammengefassten Balkone am Gebäudekopf erhalten geschlossene Brüstungen und laufen auf der Gartenseite zu Balkonbändern mit Stabbrüstungen aus, die den Blick auf die abwechselnd klinkerfarbene oder mit Holzpaneelen verkleidete Ostfassade freigeben.
Fotos:
Simon Menges
www.divisare.com
(Erschienen in CUBE Berlin 02|24)