Hörbar
Anregende, kontrastreiche und akustisch wirksame Raumkonzeption für ein Hörakustik-Fachgeschäft
In zentraler Innenstadtlage vereint das neue Fachgeschäft für Hörakustik auf kompakter Fläche einen Empfangs- und einen Loungebereich sowie zwei hochmoderne Hörstudios samt Werkstatt und einen Bereich für Mitarbeitende. Kiltz Kazmaier Architekten verzichteten in ihrem Entwurf auf orthogonale Raumstrukturen zugunsten einer gezielten Verengung bzw. Aufweitung einzelner Bereiche, ohne zusätzlichen Flächenverbrauch und mit positiven Effekten für die Raumakustik – ähnlich dem Prinzip eines Konzertsaals. Das eigentliche Verkaufsprodukt – das Hörgerät – ist sehr klein und soll von Kund:innen nicht wahrgenommen werden. Die Raumkonzeption konzentriert sich daher auf das Hören an sich, das erlebbar und spürbar gemacht wird. Dies entspricht dem Ansatz der Bauherrschaft, den Kund:innen wieder ein ursprüngliches Hörerlebnis zu verschaffen, bei dem das Hörgerät nur ein Mittel zum Zweck darstellt. Eine weitere Komponente, die dieses spezielle Raumerlebnis entstehen lässt, ist das Generieren der Formen und Strukturen in organischer Art und Weise. Nicht zuletzt eine Ohrmuschel stand Pate für das Grundmodul, aus der sich die Möbel, Wände, Decken und Raumstrukturen zusammensetzen. An eine musikalische Konzeption erinnernd, bei der das Grundthema vielfältig variiert wird, tauchen die Elemente an verschiedenen Stellen in unterschiedlicher Weise auf. An der Decke entsteht eine Struktur, die raumakustisch wirksam ist und gleichzeitig diskret die punktförmige Beleuchtung in Form von Downlights aufnimmt. An den Wänden bekommt diese Struktur – neben der akustischen Wirksamkeit – eine raumprägende Wirkung, die weitere dekorative Elemente überflüssig macht. Im Übergang vom Empfangsbereich zum Rück- und Werkstattbereich stellt die Struktur eine diskrete optische Verbindung her. Im Bereich der Schaufenster taucht das Grundelement variiert in der Schaufensterbeklebung als Sicht- und Sonnenschutz auf. So kommt bei allen Variationen der Struktur zur ästhetischen eine funktionale Eigenschaft hinzu. Nicht zuletzt prägt die individuelle Struktur das Corporate Design des Unternehmens.
Weiß lasierte Seekiefer-Sperrholzplatten sind das prägende Material, das eine ursprüngliche Lebendigkeit ausstrahlt. Präzise hergestellte Innentüren aus blankem Aluminium spielen auf die technische Komponente des Verkaufsproduktes an. Die Oberflächen der Möbel sind mit dunklem, haptisch angenehmem Linoleum belegt. Die schwarzen Flächen der Möbel, Decken und Stoffbezüge erzeugen zusammen mit den weißen Flächen der Akustikdecken und Vorhänge einen prägnanten und kontrastreichen Rahmen. Geplant wurde mittels moderner 3D-Software. Ohne den Einsatz moderner Fräsen in 5-Achsen-Technonologie wäre die detaillierte und präzise Umsetzung inklusive aller Details nicht möglich gewesen. Angenehmer Nebeneffekt: Die Neugestaltung der Innenräume konnte innerhalb kürzester Zeit realisiert werden.
Fotos:
Klaus Mellenthin
www.klausmellenthin.com
(Erschienen in CUBE Stuttgart 03|23)