Gewächshäuser und Orangerien
Europäisches Einzelstück übermittelt Jugendstil-Geschichte
Österreichs Hauptstadt zeigt seine Bedeutung nicht nur darin, zu den Städten mit dem weltweit höchsten Grünflächenanteil zu gehören. Sie zählt auch zu den Städten, die Opulenz in ihren Gewächshausbauten präsentieren. Ein Inbegriff solcher Größe ist beispielsweise das 1906 realisierte Schönbrunner Palmenhaus nach Entwürfen des Hofarchitekten Friedrich Ohmann. Es ist das letzte und größte seiner Art in Europa und ein wahres Schwergewicht – historisch, aber auch wortwörtlich gesehen. Das zunächst klassizistisch und nach Kriegszerstörung im Jugendstil neu errichtete Gebäude besteht aus etwa 600 t Schmiedeeisen und 120 t Gusseisen. Die geschwungene, hauptsächlich außen liegende Konstruktion aus Schmiedeeisen wird von den gusseisernen Säulen im Inneren des Baus getragen. Auf 111 m Länge, 29 m Breite und 25 m Höhe sind ca. 45.000 Glasscheiben verbaut, für deren frühere Reinigung und Schattierung Kadetten der österreichischen Kriegsmarine abkommandiert wurden. Im Zuge mehrerer Sanierungsetappen geschieht dies inzwischen automatisch. Außerdem erhielt der Mittelteil einen Kellerbereich, indem sich die Haustechnik und eine Gießwasseraufbereitungsanlage befinden. Zwei Zisternen fangen hierbei bis zu 240.000 l Regenwasser auf und führen dieses nach Bedarf dem Wasserkreislauf des Palmenhauses wieder zu. Besonders empfindliche Pflanzen erhielten eine zusätzliche Vegetationsheizung (ähnlich einer Fußbodenheizung), um ihre frei in den Boden gepflanzten Wurzeln vor Frost zu schützen. Das Palmenhaus erschließt heute Gewächshauskultur und Gastronomie gleichermaßen, denn der mittlere Teil dient als Lokal, der linke Flügel beherbergt das Schmetterlingshaus, der rechte Flügel ein Gewächshaus.
Das 1904 erbaute Sonnenuhrhaus, seit 2004 als Wüstenhaus geführt, ist das jüngste der vier Pflanzenhäuser im Schlosspark Schönbrunn. Die wenig auffällige Glaskonstruktion liegt dem Palmenhaus gegenüber und verdankt ihrem Namen der Sonnenuhr, die im Gartenbereich ihren Platz fand. Das 95 m lange, 14,5 m breite und 15 m hohe Bauwerk ist am Dach und südseitig vollständig verglast, während die Nordseite aus einer gemauerten Wand besteht. Die 1.300 m2 Gesamtfläche sind der Länge nach in drei Abteilungen gegliedert: Die an den Mittelteil anschließenden beiden Flügel werden ostseitig als bepflanzter Eingangsbereich genutzt, westseitig als Kalthaus. Die jetzige Aufteilung versteht sich als Pendant zum 2002 im benachbarten Tiergarten eröffneten Regenwaldhaus. Dieser Baukörper erstreckt sich ebenfalls über drei Ebenen, aber mit einem Höhenunterschied von ca. 30 m. Ein 1.340 m2 gewölbtes Glasdach überspannt den Gebäudekomplex und die tragende Unterkonstruktion bildet ein Stahlbetonbauwerk. Integriert ist eine moderne und computergesteuerte Haus- sowie komplexe Heiztechnik, die eine Glasdachheizung, Wand- und Fußbodenheizung, zudem eine Erdreichheizung beinhaltet. Sogar ein Panoramaaufzug ist Bestandteil des Gebäudes.