Wenn Räume sprechen könnten
Im einstigen „Haus des Kindes“ entstand eine neu-alte Penthouse-Wohnung
bäudes „Haus des Kindes“ am Strausberger Platz wurde eine Wohnung saniert und umgebaut. Das Büro Bonauer machte sich an die verantwortungsvolle Aufgabe, die qualitativ hohe Ausstattung noch zu verfeinern und mit handwerklich originalgetreu gefertigten Elelemten zu ergänzen. Doch zunächst ein paar Worte zum geschichtsträchtigen Genius Loci: Als (Ost-)Berlin noch die Hauptstadt der DDR war, entstanden „Prachtstraßen“ wie die heutige Karl-Marx-Allee mit ihren markanten und heute noch von Gigantomanie zeugenden Wohnblocks, Plätzen und deren Torhäuser. Hermann Henselmann war der planende Architekt, der für die Gestaltung im Stil des sozialistischen Klassizismus der damaligen Stalinallee verantwortlich war. Eines dieser Torhäuser am Strausberger Platz war das „Haus des Kindes“, legendär für seine Ausstattung und wegen seiner Zweckbestimmung: Es gab ein Kinderkaufhaus, einen Kindergarten, ein Theater und ein Café für Kinder in 70 Metern Höhe, in der 14. Etage, der obersten, die zum beliebten Anziehungspunkt wurde, allein schon wegen der Aussicht über die Stadt. 1954 wurde das Haus eröffnet, den Eingang schmückten Marmor, Säulen und ein Wandgemälde, die Treppengeländer waren mit Märchenmotiven verziert.
Wenig ist von dieser Pracht geblieben und die Wohnungen, die man damals baute, sind nach heutigen Wohnvorstellungen völlig ungeeignet. Das Büro Bonauer wusste damit umzugehen: Statt der wie an eine Perlenschnur aufgereihten Zimmerabfolge, schufen sie einen völlig neuen Grundriss und erweiterten die Wohnung um einen zusätzlichen Raum, der früher nur vom Aufzugschacht aus zugänglich gewesen war. Ein einstiger Abhörraum? Gut möglich. Es gibt viele Gerüchte und Geschichten, die sich um dieses Prestigeobjekt der damaligen Machthaber ranken.
Der neue Grundriss entzerrt die ehemalige beengte Situation im Bereich der Küche und des angrenzenden Bades durch Neuorganisation der Räume. Eine neue Eingangssituation im Süden führt zum geräumigen Entree mit seitlicher Gästetoilette. Vom nächsten Raum, dem Speisezimmer aus, gelangt man zu Bibliothek, Wohnzimmer und zur Rechten zum Schlafzimmer sowie dem durch neue moderne Einbauten als Raum im Raum geschaffenen dahinter liegenden Bad. Mit viel Liebe zum Detail und streng nach denkmalschützerischen Vorgaben wurde sorgfältig restauriert und saniert. Die erweiterte Wohnung hat nun eine Größe von 127 m2. Verschiedene Brauntöne der Böden, Wände und Türen sowie der braune Marmor im Bad, mit dunklen Lücken gemischt mit Weiß, schaffen eine Atmosphäre, die Geborgenheit vermittelt.
Fotos:
Büro Bonauer
(Erschienen in CUBE Berlin 03|24)