Abenteuer Townhouse
Der Umbau eines Wohnhauses in der Carlstadt überformt minimalistisch den Bestand
Die Aussicht auf ein fußläufig erreichbares kulturelles Angebot, aber auch auf nahe Cafés und Restaurants ist verlockend. Nicht nur die ältere „Emptyshelter-Generation“, sondern auch schon mal Familien, deren Kinder aus dem „Draußenspiel-Alter“ gerade erst entwachsen sind, zieht es heute wieder in die Städte. Auch einem Bauherrenpaar aus der Kreativbranche erging es so – sie baten deshalb hecker architekten aus Düsseldorf, die Altbausanierung eines erworbenen frühklassizistischen Vorder- und Hinterhauses in der Carlstadt zu planen. Das Haus, das nicht unter Denkmal-, wohl aber Ensembleschutz steht, war in kleinste Appartements im vorderen und hinteren Trakt aufgeteilt, komplett verbaut und desolat verwohnt. Zentrale Idee war, ein über alle Ebenen verbundenes, etwa 300 m² großes Townhouse zu realisieren, das ein zum ruhigen, privat genutzten Innenhof gerichtetes Wohnen inmitten des Stadtzentrums ermöglicht.
Die ursprüngliche Absicht, das Haus bis auf die relativ nüchterne Straßenfassade abzureißen, wurde schnell fallengelassen. Nach mehreren Besichtigungen war allen Beteiligten klar, dass der Altbaucharme des schön detaillierten Treppenhauses, aber auch die hinter Gipskarton verborgene Stuckdecke nicht in dieser Weise in einem Neubau hätte reproduziert werden können. Bauherr und Architekt waren sich einig: Authentizität ist nicht ersetzbar!
Der gesamte Umbau wurde daraufhin so entwickelt, dass das Hinterhaus bestehen bleiben konnte, aber dennoch einer radikalen Transformation unterzogen wurde. Die Hoffassade konnte mit ihren Durchbrüchen und quadratisch gerahmten Erker-Auskragungen, die als Logenplatz dienen, zeitgenössisch interpretiert werden. Die Innenraumgestaltung lebt von der spannenden Konfrontation zwischen großformatigen, abstrakten Gestaltungsmerkmalen moderner Architektur und den instandgesetzten, detailverliebt weitergeführten klassizistischen Stilelementen. Die ungewöhnliche Situation, dass das Hinterhaus fünf Etagen und das Vorderhaus vier Etagen hat, machte dabei ein eigenes Arbeitsmodell notwendig, um Verwirrungen im Planungs- und Bauprozess zu vermeiden. Um die Etagendifferenzen zu überwinden wurde ein neuer Aufzug zwischen Hinter- und Vorderhaus eingefügt, der direkt bis unter das Dach führt. In dem weitläufigen Dachraum entstand eine kommunikative Wohnküche mit einem Dachgarten, für den eine ganze Etage des sich anschließenden Hinterhauses abgebrochen wurde. Neben einem Gaskamin fand auch eine eigens von den Architekten geplante, maßgeschneiderte Einbauküche mit weißen Corean-Oberflächen Eingang in den Raum, dessen Boden kontraststark mit dunklem Eichenholzparkett ausgelegt wurde.
Pars pro toto für den hybriden Raumcharakter entwarfen die Architekten für diese Situation eine Küchenbank, die zugleich bequeme Recamière ist. Gefertigt aus grünem Leder, holt sie optisch die Baumkronen der Straße in das Dachgeschoss. Ohne die Geduld, Ausdauer und besondere Begeisterungsfähigkeit der Bauherren hätte sich das Abenteuer dieser schrittweise vollzogenen Transformation allerdings kaum umsetzen lassen. Es hat zu einem charakterstarken Haus geführt und das mitten in der Stadt!
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Architekten:
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Fenster:
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Innenausstatter:
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Fotos:
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