Zweites Leben eines alten Bungalows
Eine Wohnhauserweiterung in Lichterfelde
Als die Bauherren das Grundstück in einer locker bebauten Gegend von Berlin-Lichterfelde erwarben, schien zunächst klar, dass der darauf befindliche unscheinbare Bungalow abgerissen und anschließend neu gebaut wird. Das Haus aus dem Jahr 1962 mit seinem flach geneigten Satteldach wirkte abgewohnt und schien mit zeitgemäßen, großzügigen Wohnvorstellungen unvereinbar. Architektin Hannelore Kaup sah sich das Gebäude in Ruhe an, erkannte dessen Potentiale und überzeugte die Bauherren schließlich, das bestehende Haus zu erweitern, wofür nicht zuletzt wirtschaftliche Erwägungen sprachen.
Durch einen zweigeschossigen Anbau im Norden und einen kleineren eingeschossigen an der Südseite, erhält das Gebäude eine winkelförmige Grundform und es entsteht an der Gartenseite eine intime, sichtgeschützte Terrasse, die von den beiden Ergänzungsbauten flankiert wird. Während an der Eingangsseite die ursprüngliche Erscheinung des Gebäudes weitgehend gewahrt bleibt, ist sie an der Gartenseite vollkommen verwandelt: Die Architektin versucht gar nicht erst, die beiden neu angefügten Gebäudeteile harmonisch mit dem Bestandsbau zu verschmelzen, sie setzt auf Kontrast und Maßstabssprung: Die Erweiterungstrakte mit ihren rohen Sichtbetonfassaden und den großformatigen Fensteröffnungen werden als deutlich erkennbare Ergänzung an das Bestandsgebäude angedockt. Dessen Satteldach blieb erhalten und steht im augenfälligen Gegensatz zu den Flachdächern des erweiterten Wohnbereichs und des neuen zweigeschossigen Flügels für die Schlafräume. Ein puristisches Verständnis von Weiterbauen also, das die Schnittkanten zwischen alt und neu sichtbar bestehen lässt. Es sieht jetzt so aus, als hätten sich eine eher konservative und eine progressivere Linie der Nachkriegsmoderne in einem Gebäude vermählt – denn Hannelore Kaups kantige Sichtbetonkuben könnten ähnlich auch in den späten sechziger Jahren entstanden sein.
Im Inneren gehen Bestand und Erweiterung dagegen eine enge Synthese ein. Der Korridor des Altbaus wurde aufgeweitet und lenkt den Blick geradewegs auf die Wendeltreppe am Ende des Flurs im Neubauflügel, wo sie das Obergeschoss erschließt. Damit die orangerot lackierte Stahltreppe leuchtet und als Blickfang wirken kann, sitzt sie in einer weiten Öffnung, deren seitliche Wände von großen Fenstern erhellt wird. Wo es ging, wurden zeittypische Elemente, etwa ein gut erhaltenes Mosaikparkett bewahrt und repariert.
Durch die Erweiterung wächst die oberirdische Nutzfläche des Hauses von 110 auf rund 250 m². Die neuen Eigentümer schätzen zurückhaltende, helle Möbel mit glatten Oberflächen und klaren Linien. Vielleicht bilden gerade die lebhafte, teils raue Materialität von Sichtbeton, Estrich und altem Parkett und die sichtbaren Schnittpunkte zwischen Alt und Neu dazu den perfekten Rahmen.
Der Löwenanteil der Erneuerungsarbeit ist praktisch unsichtbar. Vor allem technisch wurde der Bestandsbau vollständig überholt – angefangen von statischen Ertüchtigungen bis zur haustechnischen Ausstattung. Das neue Niedertemperaturheizungssystem wird weitgehend mit Warmwasser thermischer Kollektoren betrieben und das Gebäude entspricht den Anforderungen der EnEV 2009.
www.hkaup-architekten.de
Architekten:
Hannerlore Kaup Architekten
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Fotos:
Andrew Alberts
Tischler:
Holzwerkstätten Jörg Weber
www.holzwerkstaettenweber.de
Küchenplanung und -bau:
Berlincuisine
www.berlincuisine.de
Ausstattung (Leuchten):
Merkur Electronic
www.merkur-electronic.de