Wandlungsfähiges Domizil
Eleganter Ziegelbau für wechselnde Lebenslagen: das „Variohaus“ in Neuenhagen
Wie sieht es aus, das Haus, das sich an wandelnde Bedürfnisse seiner Bewohner anpasst? Das ist eine Frage, mit der sich Architekten und Projektentwickler in den letzten Jahren immer häufiger konfrontiert sehen. Paare trennen sich, Kinder werden erwachsen und ziehen aus, man kommt in die Jahre – es gibt viele Gründe, warum ein Domizil nicht mehr zur jeweiligen Lebenssituation passt. Oft bleibt dann ein Umzug die einzige Lösung. Aber für Menschen, die in ihrem Quartier verwurzelt sind, ist das keine befriedigende Antwort. Wäre es nicht besser, wenn sich das Haus an veränderte Lebenslagen der Menschen anpassen kann?
Dass auch das möglich ist, zeigt das so genannte „Variohaus“, das die Berliner Architektin für den Münchner Bauträger Südhausbau Bauart GmbH entwickelt hat. Varianten dieses kubusförmigen Hauses stehen an verschiedenen Orten, unter anderem im Park Spreti, einem Neubaugebiet in der östlich an Berlin angrenzenden Gemeinde Neuenhagen. Hier findet sich das erste Haus dieses Bautypus, dessen Fassade nicht weiß verputzt ist, sondern eine schwarze Klinkerfassade aufweist.
Hervorgegangen ist das „Variohaus“ aus dem ebenfalls von Anne Lampen entwickelten Naturhaus. Bei beiden Haustypen steht das Ziel im Vordergrund, ein Haus mit hohem architektonischen Anspruch zu schaffen, das flexibel auf sich ändernde Lebensumstände reagieren kann und trotzdem für breite Bevölkerungsschichten erschwinglich ist.
Konstitutives Element des Variohauses ist der zweigeschossige Luftraum, der das Haus auf seiner ganzen Höhe von 5,60 m erlebbar macht. Er ermöglicht es, das Obergeschoss sehr unterschiedlich zu gestalten. Es kann neben dem Bad entweder drei Schlafzimmer oder aber zwei Schlafzimmer und eine Galerie aufnehmen. Die Bewohner des Klinkerhauses in Neuenhagen zum Beispiel nutzen diese Galerie als Leseecke. Der Clou: Wer möchte, kann eines der Schlafzimmer mit einem Fenster zum Luftraum versehen.
Falls die Bewohner noch mehr Platz brauchen, lässt sich das „Variohaus“ sogar nachträglich um ein Staffelgeschoss erweitern, das beispielsweise als weiteres Schlafzimmer oder als Lounge mit Dachterrasse genutzt werden kann. Flexibilität bietet zudem das Erdgeschoss mit dem großen Wohn- und Essbereich und der offenen Küche sowie einem geschlossenen Raum, der sich als Gäste- oder Arbeitszimmer anbietet.
Da die Hausserie auf ein Modulsystem aufbaut, ist das Variohaus in unterschiedlichen Größen und Ausführungen erhältlich. Das Klinkerhaus in Neuenhagen beispielsweise umfasst 165 m² Wohnfläche, während sich die kleinste Ausführung, ein Wochenendhaus, auf 58 m² Wohnfläche beschränkt. Immer aber setzen Anne Lampen Architekten auf klare Linien und eine reduzierte Formensprache: Zur Straße hin ist die Fassade weitgehend geschlossen, während sie sich zum Garten hin mit einer raumhohen Verglasung öffnet, man wohnt in und mit der Landschaft. Zum Eindruck eines fließenden Übergangs zwischen Haus und Grünraum trägt bei, dass die Bewohner schwellenfrei auf die durch Schiebetüren abgetrennte Terrasse gelangen.
Den Innenraum prägt eine frei stehende Treppe, die beinah wie eine Skulptur im Raum steht und so die offene Küche vom Wohnbereich separiert, ohne die Sichtachsen zu stören. Die Treppe besteht aus einer tragenden Konstruktion aus gekanteten Stahlprofilen, die mit Eichenholz-Trittstufen belegt sind. Zurückhaltend ist auch die übrige Gestaltung: weiß verputzte Wände, Eichenparkett und Fensterrahmen aus Holz.
Als der Bund Deutscher Architekten (BDA) 2008 seine Entscheidung bekanntgab, das „Naturhaus“ mit dem BDA-Architekturpreis auszuzeichnen, begründete er dies mit einem Statement, das wohl auch auf das Variohaus zutrifft: „Der Entwurf von Anne Lampen Architekten sei das „Beispiel eines modularen Architektenhauses, das sich gegenüber (...) Bauträgerhäusern von der Stange in vielfacher Weise auszeichnet“.
www.anne-lampen.de