Treffpunkt an der Hangkante
Mensa der Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde
Einen Waldcampus haben nicht viele Hochschulen zu bieten. Doch die Hochschule für nachhaltige Entwicklung (FH) im brandenburgischen Eberswalde mit ihren 2.000 Studierenden verfügt tatsächlich nicht nur über einen Stadt-, sondern auch über einen Waldcampus. Die beiden Fachbereiche Wald und Umwelt sowie Holztechnik sind dort angesiedelt, außerdem Kooperationspartner wie die Landesforstanstalt Eberswalde, das Thünen-Institut für Waldökosysteme und die Materialprüfanstalt Brandenburg.
Was dem Waldcampus in der Alfred-Möller-Straße aber bisher fehlte, war ein zentraler Ort der Begegnung. Diesen Ort hat jetzt der Berliner Architekt Andreas Gehrke mit dem neuen Mensagebäude geschaffen. Seine Entwurfsidee macht sich die natürliche Topographie des Geländes zunutze. Der Waldcampus erstreckt sich über einen nach Nordwesten abfallenden Hang, wobei sich genau am Standort der Mensa eine steil geneigte Böschung mit einem Niveauunterschied von rund drei Metern befindet. An diese Hangkante platzierte Gehrke das Gebäude. Damit entstanden gewissermaßen zwei Erdgeschosse: Wer vom südlich angrenzenden Hörsaalgebäude kommt, betritt das obere Erdgeschoss; wer den Neubau von Norden betritt, landet im unteren Erdgeschoss.
In diesem unteren Erdgeschoss befindet sich die eigentliche Mensa. Sie umfasst neben Küche und Nebenräumen einen Free-Flow-Bereich, in dem sich die Studierenden bedienen und einen Blick in die offene Küche werfen können, und einen Gastraum mit 125 Sitzplätzen, der dank seiner doppelten Raumhöhe auf der Hangseite und weitgehend verglaster Fassaden über viel Tageslicht verfügt. Hinzu kommen 30 Sitzplätze in einer Sitzwand – so nennt Andreas Gehrke die Stufen, die vom Speisesaal zum südlich angrenzenden Hof führen und so die Topographie des Standortes auch im Innenraum erlebbar machen. Im oberen Erdgeschoss haben vier Seminarräume und zwei Büros für Gastprofessoren Platz gefunden. Außerdem gibt es einen separaten Bereich, in dem die Studierenden in Eigenregie bis zu acht Kinder betreuen können.
Von Anfang an wünschte sich die Hochschule, das bestehende Hörsaalgebäude witterungsgeschützt mit den neuen Seminarräumen und der Mensa zu verbinden. Der Architekt löste diese Aufgabe, indem er einen existierenden Verbindungsgang zwischen Kompetenzzentrum Holz und Hörsaalgebäude bis zur neuen Mensa fortführte, so dass eine rund hundert Meter lange Erschließungsachse entstanden ist. Diese führt ins obere Erdgeschoss des Mensagebäudes und endet in einer knapp 50 m2 großen Loggia die eine beeindruckende Aussicht auf den Waldrand des Barnimer Höhenzuges eröffnet. Im ursprünglichen Raumprogramm war diese Loggia nicht vorgesehen gewesen. Einsparungen an anderer Stelle ermöglichten ihre Realisierung. Besonders vorteilhaft wirkte sich dabei die Entscheidung für zwei Erdgeschosse aus: Dadurch sind die vorgeschriebenen Rettungswege gegeben, ohne dass Fluchtweg-Treppenhäuser gebaut werden mussten.
Eng korrespondieren Innen- und Außenraum. Demnächst soll östlich der Mensa als deren Außenbereich eine Agora entstehen, die auf das Halbrund des Hörsaalgebäudes in konkaver Form reagiert und mit ihren drei Sitzterrassen auch den Ursprung der Sitzwand im Inneren bildet. In dieser Agora können sich nicht nur Studierende und Hochschulmitarbeiter treffen, hier sollen auch Veranstaltungen stattfinden.
In der Materialität orientiert sich die Mensa an der für alle Gebäude der Hochschule geltenden Vorgabe, mit Holz zu arbeiten. Die Fassade besteht aus Lärchenholz, das mit der Zeit einen silbrigen Glanz annimmt. Die massiven, überall präsenten Brettstapel-Holzdecken bleiben unbekleidet und sind in schlichtem Weiß lasiert. Diese Decken unterstreichen Gehrkes Ansatz, Funktion und Ästhetik auf kostengünstige Weise zu verbinden: Sie nehmen Installationsstränge sowie Leuchten auf und schaffen gleichzeitig eine gute Akustik und ein angenehmes Raumklima.
www.andreasgehrke.com