Schwarzes Mysterium
Eine Lagerhalle für einen Künstler ist in einer archetypischen Form gestaltet
Die vom Büro Weber und Würschinger geplante Lagerhalle für einen Künstler wirkt in sich gekehrt. Das Bauwerk hat keine Fenster und ist komplett in schwarz gehalten. „Das Gebäude scheint ein Mysterium“, meint Haye Bakker, Architekt bei Weber und Würschinger. Die Halle befindet sich am Stadtrand von Berlin. Die Gegend ist geprägt von in den 1990er-Jahren gebauten Fertighäusern, einheitlich ausgestattet mit Satteldach und Wärmeverbundsystem. Daneben gibt es noch eine Schnellstraße sowie einige Produktionsstätten. Trotz der geheimnisvollen Erscheinung geht die Lagerhalle nicht komplett auf Distanz zu seiner suburbanen Nachbarschaft. „Mit dem Satteldach reagieren wir auf die Typologie der Umgebung“, meint Haye Bakker. Ursprünglich planten die Architekten, die Halle in einem für die Region Berlin/Brandenburg typischen roten Ziegelmauerwerk auszuführen. Aus Kostengründen wurde dieser Plan verworfen. Stattdessen erhält die Halle eine Kalksandstein-Beton Struktur als Tragwerk mit hinterlüfteter Schalung. Die Fassade gestalten die Architekten mit schwarzen Eternit-Wellplatten und schaffen damit einen weiteren regionalen Bezug. Die gewellten Faserzementplatten wurden in Berlin eine Zeit lang gerne als Balkonverkleidung verwendet.
Das Gebäude gliedert sich sichtbar in drei Teile. In den Dachschrägen befinden sich drei Fenster, die das Innere mit Tageslicht versorgen. Außen ist die Halle auf die rein skulpturale Form reduziert. Beim Betreten der Halle wird deutlich, dass es den Architekten nicht alleine um die Form geht. Sie haben auch eine anspruchsvolle Statik entwickelt. Auf der rund 600 m2 großen Fläche des Innenraums findet sich keine einzige Stütze. Nur bei dem kleinen Trakt für Technik und WC sind einige Zwischenwände eingezogen. „Das Dach wird nur dort von Stahlträgern aufgefangen, wo das Gebäude sich gliedert“, erklärt Bakker. Die Lagerhalle realisert eine schlichte, archetypische Form und erinnert an eine Scheune. Der aus dem Vorarlberg stammende Architekt Peter Bechter gewann mit einem Einfamilienhaus ebenfalls in Form einer einfachen Scheune den Wettbewerb „Haus des Jahres“. Als „Scheune“ bezeichnen die Kritiker auch den viel diskutierten Entwurf von Herzog & de Meuron für das geplante Museum am Berliner Kulturforum. Herzog & de Meuron selber nennen ihren Entwurf ein Ur-Haus, welches sich bewusst zurücknimmt gegenüber der ikonischen Umgebung. Die Scheunen-Bauten stehen für eine Suche nach dem Einfachen und Ursprünglichen. Architekten geben gegenwärtig Low Tech den Vorzug vor High Tech, verzichten auf modische Extravaganzen zugunsten von Zeitlosigkeit. Die Neutralität macht die Bauten nicht weniger interessant, sondern verleiht ihnen eine besondere, fast spirituelle Aura. Der archetypische Baustil spricht ebenso eine leicht verständliche, universelle Sprache. Deshalb lässt sich auf diese Weise ein Museum bauen, ebenso ein Einfamilienhaus oder eine Lagerhalle am Stadtrand.
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