Begehrten Wohnraum gewonnen
Aus einer Gewerbeimmobilie in Essen wurde ein Mehrfamilienhaus
Ob aus einem einstigen Möbellager und einer späteren Maschinenfabrik attraktiver Wohnraum entstehen kann? Eindeutig ja, wie Kirchner Architekten mit ihrem Projekt in Kettwig zeigen, das am Tag der Architektur am 17. und 18. Juni auch zu besichtigen ist. „Allerdings war es ein zähes Ringen mit den Genehmigungsbehörden, um eine Nutzungsänderung zu erwirken, da das Grundstück planrechtlich in einem Gewerbegebiet liegt“, berichten Hans Kirchner und Stephan Scholz. Zwei Kriterien waren ausschlaggebend: Bei einem Abriss wäre nach den aktuellen Bauvorschriften ein Neubau nicht zulässig gewesen. Hinzu kommt, dass sich der Stahlbetonskelettbau in besonderer Weise zu einer Umnutzung in moderne, offene Wohnungsgrundrisse eignete. Der Kompromiss: Auf Balkone und Dachaufbauten wurde verzichtet.
Auf dem 777 m² großen Grundstück sind auf 1.100 m² Nutzfläche sieben Wohneinheiten von 40 bis 100 m² Wohnfläche sowie sechs integrierte Garagen im Erdgeschoss und ein Vollkeller für Technik und Abstellräume entstanden. Im Außenbereich kamen eine weitere Garage und vier Stellplätze sowie ein Kinderspielplatz hinzu. Bei der Gestaltung sollte die historische Gewerbenutzung weiter erlebbar sein und gleichzeitig ein Alleinstellungsmerkmal für modernes Wohnen werden. Während sich die Planungszeit über zwei Jahre erstreckte, dauerte die Umbauphase lediglich ein Jahr. Bauzeit wurde durch den Erhalt der gesamten tragenden Konstruktion aus Stahlbeton und Mauerwerk eingespart. Der allseits geforderte ressourcenschonende Umgang mit vorhandener Bausubstanz ist zudem zeitgemäß und auch das Umfeld profitierte durch die damit verbundene geringere Belastung während der Bauzeit. Die nicht überbaute Grundstücksfläche beträgt lediglich rund 300 m². Sie wird als Hoffläche zur Erschließung der Garagen und des Hauseingangs genutzt. Ausgestattet ist sie mit einem zweifarbigen Betonpflaster, das zum überdachten Eingang mit zwei Torpfeilern aus Beton mit aufgesetzten Laternen führt. Der Klinker des Gebäudesockels setzt sich vom Weiß der Fassade ab. Als Reminiszenz an die ursprüngliche Nutzung wurden Fenster in Industrieformaten gewählt, die viel natürliches Licht ins Innere lassen. Für modernes Wohnen stehen innen Räume, die als freistehende Kuben eingestellt wurden.
Auch energetisch ist das Gebäude dank der Nutzung von Erdwäme mit Fußbodenheizung und einer hochgedämmten Gebäudehülle gut aufgestellt. Neben Vorrüstungen für Ladestationen für Elektroautos, stehen auch Stellplätze für Fahrräder und Lastenfahrräder bereit. Weiterhin besteht die Option zur nachträglichen Montage von Photovoltaik auf dem Flachdach.
Fotos:
Peter Gwiazda
www.petergwiazda.de
(Erschienen in CUBE Ruhrgebiet 02|23)