Flexible Nutzung im Denkmal
Mit minimalen Eingriffen wurde aus einer ehemaligen Scheune von 1824 ein lebendiges Tagungshaus
Die Obere Scheuer ist das zentral gelegene Gebäude des Klosters Kirchberg bei Sulz am Neckar. Da hier früher die Ernte eingelagert wurde, übernahm die Scheuer eine wichtige Rolle innerhalb des Klosterensembles. Als Kuner Architekten 2016 mit dem Umbau des denkmalgeschützten Fachwerkbaus in ein Tagungshaus beauftragt wurden, fanden sie ein längere Zeit ungenutztes Gebäude auf dem Kirchberg vor. Hier sollte ein Ort für Veranstaltungen der Berneuchener Gemeinschaften entstehen und der Kirchberg in vielfältiger Weise belebt werden. Besondere Herausforderung: Die Räume sollten flexibel nutzbar sein und sich der jeweiligen Veranstaltung anpassen. Bewahrt bleiben sollten sowohl das prägende Erscheinungsbild als auch die Atmosphäre des Hauses.
Mit ihrem Ziel, in ihren Architekturplanungen Ästhetik und Funktionalität stimmig zu verbinden, schufen die Architekten ein zweistöckiges, barrierefreies Seminarhaus. Darin finden sich – wie von den Bauherren gewünscht – unterschiedlich große Tagungs- und Besprechungsräume, ein großzügiges Foyer in Ebene 0 sowie ein Meditations- und Begegnungsraum in Ebene 1. Mit Elementwänden lassen sich die Räume flexibel trennen oder zusammenlegen. Teils wurden Fachwerkfüllungen durch Glasflächen ersetzt, sodass die Räume angenehm natürlich belichtet werden. Gleichzeitig ist der historische Gesamteindruck bewahrt. In Abstimmung mit dem Denkmalamt wurden die Eingriffe auf ein Minimum reduziert. Viel Holz und wohnraumgesunde Materialien wie Lehmputz und weitgehend naturbelassenen Oberflächen sorgen für ein behagliches Ambiente und eine hohe Aufenthaltsqualität. Allerdings erforderten die neuen, deutlich höheren Verkehrs- und Erdbebenlasten ein neues Tragsystem. Dies wurde zum Teil in Stahl und Ortbeton ausgeführt. Wo möglich, griffen die Planer auf den Werkstoff Holz zurück. So wurde auch das beschädigte Fachwerk umfassend saniert, teilweise rückgebaut und erneuert. Nachdem die Bruchsteinwände freigelegt waren, wurden auch sie saniert und größtenteils sichtbar belassen. Neue Innenwände und Einbauten sind aus Weißtanne gefertigt. Die Holzdecken und Holz-Beton-Verbunddecken bekamen eine zarte weiße Oberfläche, sodass auch hier der Raumeindruck aufgefrischt wird. Fenster und Teile der Bodenbeläge sind aus Eiche gefertigt. Das solide Eichenholz dient auch als Material für die neue Innentreppe, die als hölzerne Raumskulptur die Blicke auf sich zieht.
Fotos:
Markus Guhl
www.architekturfotograf-markus-guhl.com
(Erschienen in CUBE Stuttgart 01|22)