Gebaute Topografie
Ein Gemeindezentrum im Bergischen fügt den Bestand gemeinschaftsstiftend zusammen
Herz und Wahrzeichen des Leichlinger Ortsteils Witzhelden ist die evangelische Dorfkirche, die bereits seit dem 12. Jahrhundert urkundlich belegt ist. Um sie herum erstreckt sich der historische Marktplatz mit seinen typisch bergischen Fachwerkhäusern. Das Kölner Büro Kastner Pichler Schorn Architekten hat dem denkmalgeschützten Ensemble ein neues Gemeindezentrum hinzugefügt. Unter Ausnutzung der Topografie und Interpretation der ortstypischen Materialität fügt sich der Neubau behutsam in den Kontext ein und stiftet als offenes Haus zugleich neue bauliche und soziale Bezüge.
Das zweigeschossige Gemeindezentrum vereint mehrere Gemeindesäle und Gruppenräume, die sie sich multifunktional nutzen und auf lange Sicht auch flexibel an neue Nutzungen anpassen lassen. Der Baukörper, den ein Satteldach mit Zinkblecheindeckung krönt, ist zur Straße hin zurückhaltend traufständig positioniert und entwickelt sich dabei entlang des abschüssigen Hanggrundstückes. In einer komplexen Geometrie verbinden sich dabei ein Straßen- und ein darunterliegendes Gartengeschoss mit Freiräumen auf selbem Niveau: So entsteht auf Straßenebene erstmals eine durchgehende Platz-Verbindung zum Kirchengebäude bis hin zum Marktplatz und über eine Treppe zum benachbarten Pfarrhaus. Vor allem der harte Bodenbelag aus lokaler Grauwacke verknüpft dabei die einzelnen Nutzungsbereiche – Kirchenraum, Gemeindeleben mit Kinder- und Jugendarbeit und Verwaltung – zu einem Ganzen. Es ist eine neue repräsentative Mitte für die Gemeinde entstanden – mit grünen Akzenten und einem idyllischen Ausblick über die Dächer in die Landschaft der benachbarten Eifgenbachtales. Aber auch das in Teilen unter dem Platz angeordnete Gartengeschoss öffnet sich über eine transparente Fensterfront zu einem neuen Freiraum: Auf der offenen Rasenfläche ergeben sich vor dem Autoverkehr geschützte, vielfältige Spielmöglichkeiten für Kinder. Die Fassade des neuen Gemeindezentrums ebenso aus Grauwacke orientiert sich an der Materialität des Kirchenbaus. Der gedämmte Betonkern des Neubaus hat dafür eine Verblendung aus dem Material erhalten: Die maschinell gespaltenen, geometrisch geschnittenen Quader sind dabei zu Stürzen gefügt worden, auf die die polygonal gebrochene Grauwacke aufgemauert wurde. Kontrastierend zur lebhaften Mauerwerksstruktur zeichnet sich das Innere durch reduzierte, glatte Oberflächen aus. Die Glasflächen der Fenster sind dabei bündig in die weiß verputzten tragenden Stahlbetonwände eingelassen. Die Beleuchtung erfolgt über Einbauspots und von der Decke abgehängte Kunstlichtringe. Alle festen Einbauten sowie die Türen sind mit Echtholzfurnier aus Eiche gefertigt. Die tiefen Einschnitte ins Mauerwerk übernehmen das prägende Fensterdetail der Kirche und unterstreichen die enge Verbindung beider Gebäude.
Fotos:
Mia ter Horst
(Erschienen in CUBE Köln Bonn 01|25)