Umnutzung mit Patina
Ein Gemeindehaus im Kölner Osten wird in großzügige Lofts mit sakralen Spuren transformiert
Eine Visitenkarte der eigenen Bürophilosophie sollte es werden, in einem Altbau, mit der Option Arbeit und Wohnen großzügig unter einem Dach zu verbinden: Das Kölner Planungsbüro studio1073, das auf Innenarchitektur und Architektur-Consulting spezialisiert ist, hatte schon lange nach einem neuen Domizil gesucht. Das evangelische Paul-Gerhardt-Haus in Köln-Vingst – 1966 geweiht, 2013 infolge von Gemeinde- und Kirchensteuerschwund entwidmet und privatisiert – kam da wie gerufen: Die Anlage wurde insgesamt zu elf Wohneinheiten umgewandelt – unter Beibehaltung des Gebäudebestandes und auch einiger sakraler Gestaltungselemente.
Anfang der 1960er-Jahre hatten die protestantischen Kölner Architekten Schulze Hesse den kubischen Baukörper des Gemeindehauses geplant. Zusammen mit einem niedrigeren Schwesternhaus, einem Küster- und Pfarrhaus bildete es eine kreuzförmige Anlage. Das ein halbes Jahrhundert später mit dem Umbau betraute Kölner Büro Gruhl Architektur + Projektentwicklung beließ die Kubatur im Originalzustand – nur das Innere des Bestands wurde ergänzt. Indem die Empore verlängert und durch eine raumhohe Wand mittig geschlossen wurde, konnte das Gemeindehaus sowohl horizontal als auch vertikal geteilt werden. Für die Belichtung außerordentlich günstig erwies sich dabei die Bauweise: Das Betonfachwerk aus Stahlbeton mit Ausfachungen aus Ziegeln ließ es zu, das letztere einfach entfernt und – je nach Ausrichtung und Funktion – mit ergänzenden horizontalen Fenstern oder industriell anmutenden Sprossenfenstern versehen wurden. Alle ersetzten Fenster wurden in Dreifachverglasung ausgeführt, die Fassade mit einer Außendämmung versehen. Allein an der Rückseite wurden Balkons und Loggien ergänzt – schon die Planungen der 1960er-Jahre sahen dort Erweiterungsoptionen für die wachsende Gemeinde vor. Auch beim Innenraumkonzept ging es darum, den ursprünglichen Gebäudecharakter zu erhalten bei gleichzeitiger Schaffung von hellen, offenen Räumen. So wurde das öffentliche Eingangsfoyer beibehalten samt der erschließenden Sichtbetontreppe. Aufgegriffen wird die Materialität im Bodenbelag, der komplett als Betonspachtelboden ausgeführt wurde. Aber auch ansonsten wurde darauf geachtet, dass durchweg ehrliche Materialien zum Einsatz kamen, die sich an der Einfachheit des Originals orientieren. Auf die farbchromatisch gestalteten Bleiglasfenster des Saales – 1978 vom Glaskünstler Kurt Winnen gestaltet – antwortet die am Baujahr des Gebäudes orientierte Midcentury-Möblierung in Formensprache und Farbenspiel. Eine stille Reminiszenz an die sakrale Vornutzung findet sich in der Gestaltung der Küche wieder: So wurde der minimalistisch gestaltete Küchenblock assoziativ in Messing gefasst. Feierlich kontrastiert er mit der dunklen Küchenplatte. Atmosphärisch kann so jede zubereitete Mahlzeit wieder zu einem kleinen, konzentrierten Ritual werden.
www.studio1073.com
Architekten:
studio1073
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Rohbau:
Achim Wunderlich Bauunternehmung
www.wunderlich-bauunternehmung.de
Ausbau:
IC Bau-und Projektbetreuung
www.ic-bau-gmbh.de
Sanitär:
Guido Schaefer
www.shk-schaefer.de
Elektro:
Elektro Fey
www.fey-elektro.de
Fenster:
Fensterwelten Miroslaw Poblocki
www.fensterwelten.com
Fotos:
Annika Feuss
www.annikafeuss.com