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Identität und Verwandlung

Ein Gespräch mit Joachim H. Faust über 80 Jahre HPP, den Imagewandel des Düsseldorfer Dreischeibenhauses und warum es falsch ist, am Denkmalschutz zu sparen

CUBE: Herr Faust, 2013 ist ein wichtiges Jahr in der Geschichte von HPP. Sie feiern Ihr 80.... mehr

CUBE: Herr Faust, 2013 ist ein wichtiges Jahr in der Geschichte von HPP. Sie feiern Ihr 80. Jubiläumsjahr, sind mit derzeit 330 Mitarbeitern mit eines der größten Architekturbüro in Deutschland. Wie fühlt man sich in so einem Jahr?

J.H. FAUST: So ein Jubiläum bewirkt, dass man sich der gemeinsamen Fundamente vergewissert, die Helmut Hentrich und Hubert Petschnigg der Bürogemeinschaft in die Wiege gelegt haben. Dafür kann man nur Dankbarkeit bekunden, genauso wie für all jene, denen es gelungen ist, dieses Erbe weiter zu führen und dabei auch stetig zu erweitern. Das hat auch dazu geführt, dass wir mit unserer jahrzehntelangen Kompetenz heute das ganze Spektrum von Bauaufgaben abdecken können, vom Fußballmuseum über Laboreinrichtungen bis hin zu Wohnbauten und Büroimmobilien.

CUBE: Mit welcher Perspektive gehen Sie in die nächste Dekade?

J.H. FAUST: Jedes neue Projekt ist die Herausforderung schlechthin - insofern kann man das gar nicht genau sagen. Aber strategisch gesehen richten wir uns neben unserem Engagement auf dem heimischen Markt auf eine zunehmend internationale Tätigkeit hin aus. Wir haben jetzt schon in Shanghai ein Büro mit 30 Mitarbeitern und werden ein zweites dort aufbauen, um noch stärker auf dem wachsenden chinesischen Markt präsent zu sein. Auch in Istanbul haben wir ein Büro eröffnet – der Weg ins internationale Geschäft ist also schon ganz gut geebnet.

CUBE: HPP hat im Laufe der 80 Jahre etwa 1150 Gebäude realisiert. Wenn heute Sanierungen oder Revitalisierungen anstehen, sind das oft auch die eigenen Bauten, die fit für die Zukunft gemacht werden. Woran liegt es, dass die heutigen Eigentümer immer noch auf Sie zukommen?

J.H. FAUST: Primär liegt das wohl an der heutigen Leistungsfähigkeit des Büros. Sicher, es gibt da auch einen Urheberschutz, der dem Büro über 80 Jahre für seine Bauten eingeräumt wird. Die Durchsetzung ist allerdings eine große juristische Sache - wir nehmen dieses Recht deshalb kaum wahr. Wenn Eigentümer unserer im Laufe der Jahrzehnte auch durchaus veränderten Bestandsbauten heute auf uns zukommen, dann vor allem deshalb, weil wir seit 20 Jahren Erfahrungen mit Sanierungen und Revitalisierungen gesammelt haben. Denken Sie nur an den „Langen Eugen“ von Egon Eiermann in Bonn, ein Denkmal der alten Bundesrepublik, das wir denkmalgerecht saniert haben. In diesem Fall wurde die Identität des Gebäudes behutsam erhalten. In anderen Fällen wie etwa dem Kölner maxCologne, dem ehemaligen Lufthansa-Verwaltungsgebäude am Deutzer Rheinufer, musste dagegen eine neue Identität gefunden werden, weil sich die Nutzung doch deutlich verändert hat und das Gebäude dafür einfach nicht mehr zeitgemäß war. Man muss sich zunächst einmal in den Bestand hineinfühlen, den Klang des Gebäudes erfassen, um dann gemeinsam mit Experten zu entscheiden, was zu tun ist, um heutigen energetischen und auch den aktuellen Nutzungsanforderungen der Mieter gerecht zu werden.

CUBE: Als eine Ikone des Büros gilt das Düsseldorfer Dreischeibenhaus, das mit seinen drei superschlanken Baukörpern in die moderne Architekturgeschichte eingegangen ist. Sie haben es in den 1990er Jahren und jetzt wieder revitalisiert. Wie unterscheidet sich Ihr Vorgehen dabei?

J.H. FAUST: Zunächst einmal hat sich der Nutzer ja verändert: In den Neunziger Jahren war es noch Thyssen Krupp als Alleinnutzer, der nach vierzig Jahren ein Haus für seine Mitarbeiter und Organisationsstrukturen brauchte. Der neue Eigentümer heute verfolgt ganz andere Ziele mit dem Haus: Er möchte es möglichst in seinen Ursprungszustand des Dreischeibenhauses, nicht des Thyssen-Hauses zurück versetzen, das Besondere der Architektur betonen, um auch mit diesem Image an den Vermietungsmarkt zu gehen. Der Erfolg spricht für sich: Bereits 60 Prozent der Flächen sind jetzt schon, einige Monate vor Fertigstellung, vermietet. Hinzu kommt, dass wir heute viel stärker mit dem Ziel der Mietnebenkostensenkung an das Gebäude herangehen: Alles was an Haustechnik eingebaut wird, ist minimalistisch und auf Effizienz hin perfektioniert. Einige Techniketagen konnten deswegen frei geräumt und zu Nutzungsetagen umgewandelt werden. Es ist die Stärke des Hauses, dass es diesen Wandel immer wieder mitmacht – die Architektur ruht geradezu in sich selbst!

CUBE: Was ist eigentlich an dem Gerücht dran, dass der Entwurf des Dreischeibenhauses nicht allein auf Hentrich und Petschnigg, sondern auch auf die damals bei HPP angestellte, spätere Architektengemeinschaft Eller Walter Moser mit zurückgeht?

J.H. FAUST: Große Architektur hat immer viele Väter. Die freien Mitarbeiter des Wettbewerbsentwurfs wurden schon damals immer alle als Miturheber genannt. Übrigens auch bei beiden Entwürfen, denn es wurden ja beim Wettbewerb damals zwei Entwürfe vom Büro eingereicht, wobei der letztlich realisierte anfangs gar nicht gewertet werden konnte, weil nicht im Eigentum befindliche Nachbargrundstücke einbezogen waren. Es gibt ein Buch, dass die Zusammenarbeit des Planungsteams an dem Gebäude sehr detailliert dokumentiert – etwa ein Kapitel von Fritz Eller über die nach amerikanischem Vorbildern ausgebildete Glasfassade. Wir bekennen uns auch heute zu dieser Teamarbeit ganz klar, indem wir alle am Entwurf beteiligten Miturheber nennen. Die behutsame Erneuerung des Hauses und Wiederentdeckung der Ursprungsarchitektur sehen alle drei noch lebenden Mitarchitekten mit Wohlwollen.

CUBE: Die Düsseldorfer City ist stark im Umbruch: mit dem Fall des Tausendfüßlers ist auch die autogerechte Stadt unsichtbar geworden. Welche Rolle sollte das Dreischeibenhaus in Zukunft städtebaulich in der Innenstadt spielen?

J.H. FAUST: Das Dreischeibenhaus ruht in sich selbst genug, um den nördlichen Eingang zur Innenstadt zu signalisieren, als Orientierungspunkt mit seiner ganz besonderen Schlankheit. Früher geschah das im Dreiklang mit Schauspielhaus und Tausendfüßler. Seitdem der Tausendfüßler weg ist, ergibt sich eine andere Situation: Wir entdecken die öffentlichen Räume neu, insbesondere auch die Südansicht des Dreischeibenhauses. Im Bebauungsplan Kö-Bogen II hat man das nicht so recht erkannt: Neubauten schließen dort den Gründgens-Platz ab und versperren die Sicht auf den unteren Schaft des Hauses. Aus unserer Sicht gibt es hier Nachbesserungsbedarf und wir sind dankbar, dass der Oberbürgermeister den Plan in dieser Sache zur Diskussion gestellt hat. Am Ende muss es um die bessere Lösung für eine langfristig prägende Stadtgestaltung gehen.

CUBE: Warum hat man das bei dem städtebaulichen Wettbewerb von 2009 nicht erkennen wollen?

J.H. FAUST: Ich glaube, dass man sich damals noch nicht so sicher war, ob der Tausendfüßler wirklich fällt oder aus Gründen des Denkmalschutzes stehen bleiben muss. Deshalb hat man das in der Planung nicht berücksichtigt. Erst jetzt, wo er weg ist, kann man die Auswirkungen auf das Stadtbild genauer abschätzen.

CUBE: Büroimmobilien werden heute nicht mehr nur saniert und revitalisiert, sie werden vermehrt auch umgenutzt zu Wohnzwecken. Worin liegen die Chancen für solche Konversionen?

J.H. FAUST: Wir haben gerade mit einem entsprechenden Objekt in Köln zu tun, das wir in den Achtziger Jahren für eine Versicherung gebaut haben. Wegen des passenden Umfeldes soll es in ein Wohngebäude transformiert werden. Das ist eine schöne Aufgabe, weil man etwas in der Architektur auch charakterlich verwandelt – Wohnen sieht einfach anders aus als Büros. Natürlich muss auch das Gebäude dafür das Potenzial haben. Viele Gebäude scheiden von vornherein aus, weil die Decken zu niedrig, das Raster zu eng oder auch weil sie sehr schmalbrüstig gebaut wurden, was einen guten akustischen Schutz verhindert. Dennoch städtebaulich sind Konversionen zu begrüßen, brechen sie doch die Monostrukturen vieler Büroquartiere auf. Insofern werden sie auch von den Städten zunehmend gerne gesehen und Anfragen zur Nutzungsänderung werden auch gerade in Düsseldorf gerne unterstützt und positiv entschieden.

CUBE: Einige der Gebäude von HPP stehen heute unter Denkmalschutz, den die rot-grüne Landesregierung allerdings streichen möchte, um in den kommenden Jahren Haushaltsmittel zu sparen. Was für Konsequenzen könnte das gerade für die Nachkriegsarchitektur in NRW haben?

J.H. FAUST: Ich halte das für sehr bedenklich. Man erkennt daran, wie wenig Verständnis dem Kulturgut Bau heute noch entgegen gebracht wird. Eine gute Architektur, egal ob aus der Jahrhundertwende oder der Nachkriegszeit, ist erhaltenswert, weil sie jeweils ein Abbild der Generationen und der zeitlichen Entwicklung gibt. Hinzu kommt: Kunst steht oft in geschlossenen Räumen und ist zunehmend auch in Privatbesitz – Architektur bestimmt unseren Alltag und umgibt uns ständig. Man kann nur froh sein, dass es in besseren Zeit gelungen ist, zusammen mit der Bevölkerung eine ganze Reihe von Objekten auch der Nachkriegszeit unter Schutz zu stellen.

CUBE: Um zurückzukommen auf Ihr Jubiläum: Wie begehen Sie eigentlich 80 Jahre HPP?

J.H. FAUST: Im Herbst wird eine neue Monografie von uns erscheinen. Darin geht es nicht nur um die Sicht auf acht Jahrzehnte Bürogeschichte, sondern auch darum, wo wir heute stehen und wo wir hinwollen. Im Herbst werden wir auch eine große offizielle Festveranstaltung machen. Die wird in Düsseldorf sein, aber auch in China wollen die Mitarbeiter etwas organisieren, sind sie doch sichtlich stolz für so ein traditionsreiches Unternehmen tätig zu sein. Aus Dankbarkeit, dass wir in der Stadt so lange positiv wirken konnten, werden wir der Stadt Düsseldorf auch ein besonderes, für den öffentlichen Raum bestimmtes Geschenk machen – mehr kann ich dazu allerdings noch nicht verraten. Wir feiern aber das ganze Jahr!

Herr Faust, wir danken Ihnen für das Gespräch.

Das Interview führte Paul Andreas.


Joachim H. Faust
Dipl.-Ing. Architekt M.A

Geboren 1954 in Mainz. Studium der Architektur an der TU Berlin sowie der RWTH Aachen mit Abschluss Dipl.-Ing. Architekt. Master of Architecture an der A&M University in Texas/ USA. Nach Stationen bei SOM sowie KPF kam er 1987 zu HPP, wo er zunächst das Frankfurter Büro leitet, ab 1994 als Kommanditist. Seit 1997 ist Joachim H. Faust in der Gesamtleitung des Architekturbüros tätig, seit 2002 zusammen mit Gerhard G. Feldmeyer. Er veröffentlicht in Fachzeitschriften und hält Vorträge zu Fachthemen der Architektur. 2002 wurde Joachim H. Faust mit dem Distinguished Alumni Award der Texas A&M University geehrt. Er ist Mitglied der Architektenkammer in Hessen sowie der Deutschen Akademie für Städtebau und Landesplanung (DASL).

www.hpp.com

Fotos Christian Steinmetz Sigurd Steinprinz www.steinprinz.de mehr

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