Alles fließt: Panta Rhei(n)
Eine neurologische Praxis im Pradus greift den Flussverlauf als Leitmotiv auf
Die Corona-Zeit hat für grundlegende Erschütterungen in unterschiedlichsten Branchen gesorgt. Diese einschneidende Phase hat aber auch Menschen zusammengeführt, die sonst nie zusammengefunden hätten. So auch im Fall des Düsseldorfer Architekturbüros Scheßl Weismüller, das einen seiner Schwerpunkte in internationaler Messe- und Ausstellungsarchitektur besitzt, wegen pandemiebedingten Projektverschiebungen und -absagen aber plötzlich Zeit für anderes hatte. Zur selben Zeit beabsichtigte die Ärztin für Neurologie Prof. Dr. Christina Haubrich sich kurzfristig privatärztlich selbständig zu machen. Der Mietvertrag für Praxisräume in Düsseldorfs größtem Ärztehaus Pradus war bereits unterschriftsreif – was aber noch fehlte, waren eine Vision für das Erscheinungsbild und ein Praxisentwurf. Es passte schnell – und bereits 11 Monate später konnte man sich in der 350 m² großen Praxis davon überzeugen, wie fließend Funktionalität und Imagebildung ineinandergreifen können.
Ziel war es einen unverwechselbaren Ort innerhalb des Pradus zu schaffen, der in seiner Funktionalität, aber auch Atmosphäre die Arbeit des Praxisteams unterstützt. Zentral war die Begegnung mit den Patient:innen auf Augenhöhe, aber auch die Arbeitsabläufe des Praxisteams – bei den Untersuchungen, genauso wie bei den Verwaltungsarbeiten – sollten unterstützt werden. Auch Möblierung und technischer Ausbau waren Teil des Planungsauftrages. Gemeinsam mit der Bauherrin konnte ein Gestaltungsthema gefunden werden, das sich wie ein Leitmotiv sowohl durch die Raumorganisation als auch die Ausstattung der Praxis zieht. Die Nähe zum Rhein inspirierte dazu, den Flussverlauf aufzugreifen: So beschreibt der Grundriss als fließende Form einen Bogen des Rheins. Die im Raum installierte Holzlamellenwand bildet als ein narratives Element den geschwungenen Lauf des Flusses durch die Stadt ab. Zugleich etabliert sie eine Raumteilung: Es entsteht einerseits ein fließender offener Raum aus Empfang, Wartelounge und Back Office, um den sich andererseits Arztzimmer, Labore und Untersuchungsräume gruppieren. Durch diese Raumorganisation ist das Tageslicht in allen Aufenthaltsräumen präsent – allein die Laborräume sind von der Außenwelt separiert. Materialwechsel im Bodenbelag und Deckengestaltung gliedern den offenen Raum zusätzlich. Sie betonen das großzügige Raumgefühl und schaffen eine warme, einladend ruhige Atmosphäre, die sich von den funktionalen Erschließungsräumen des Ärztehauses deutlich abhebt. Das Lichtplanungskonzept bildet das i-Tüpfelchen darauf: Indem es den öffentlichen Bereich der Praxis durch eine subtile Lichtgestaltung in Bewegungsflächen, Ruhezonen und Funktionsbereiche unterteilt, unterstützt es den fließenden Raumeindruck der Praxis zusätzlich.
Fotos:
Lukas Palik
www.lukaspalik.de
(Erschienen in CUBE Düsseldorf 03|23)