Niederländische Mischung
Die Roermonder Höfe verknüpfen Wohnen und Arbeiten zu einem Ensemble mit viel Freiraum
Innenstädte sind Anziehungspunkte für Menschen mit sehr unterschiedlichen Bedürfnissen. Wohnen, Arbeiten und Leben findet hier auf verdichtetem Raum statt. Diese innerstädtischen Ballungsräume werden heute wieder verstärkt als wertiger Wohn- und Arbeitsraum wahrgenommen, ohne die beiden Bereiche städtebaulich voneinander zu trennen. Diesem Trend entspricht das neue Quartier am Fuße des Mönchengladbacher Abteibergs. Auf dem 15.000 m² großen Areal des früheren Zentralbades haben Dr. Schrammen Architekten aus Mönchengladbach für Gondo Immobilien sieben freistehende, vier- bis siebengeschossige Gebäude mit polygonalen Grundrissen zu einem Ensemble für Wohnen und Arbeiten formiert. Visuell sind diese beiden Funktionsbereiche dabei nicht voneinander zu unterscheiden.
Das angewendete städtebauliche Konzept adaptiert erstmals eine Städtebauphilosophie, wie sie aus den benachbarten Niederlanden bekannt ist: Wohnen und Arbeiten werden nicht von der Öffentlichkeit abgeschottet, sondern das Leben wird vielmehr in das Quartier hineingeholt. Piet van Pol – zwischenzeitlich verstorbener Bauherr des Projektes – war sich über die Risiken des Vorhabens sehr bewusst: „Es ist ein Katzensprung von den Niederlanden nach Mönchengladbach – und doch sind es Welten. Wir hätten diesen Sprung ohne das ansässige Architekturbüro nie gewagt. […] Man muss eine Stadt gut kennen und verstehen, um Projekte von der Größe wie die Roermonder Höfe zu realisieren.“ Die Gebäude richten sich mit ihren Kopfseiten zur Straße hin aus. Auf die übliche Blockrandbebauung wurde bewusst verzichtet, um mehr Luft und Licht für die Bewohner zu bieten. Dabei wurde die bestehende Nord-Süd-Beziehung in Richtung des benachbarten Stadtzentrums aufgegriffen. Vier Gebäude stehen dabei drei weiteren Gebäuden so versetzt gegenüber, dass sie wie die Finger zweier Hände ineinandergreifen. Dazwischen entsteht ein besonderer öffentlicher Erlebnisraum mit acht großzügigen Hofsituationen. Die Staffelung jedes Gebäudevolumens zu einer kubischen Skulptur verleiht der Bebauung dabei einen speziellen Charakter.
Den Bewohnern stehen insgesamt 130 barrierefrei erreichbare Wohnungen zur Verfügung mit einer Gesamtwohnfläche von 12.000 m². Sie liegen in den drei viergeschossigen Mehrfamilienhäusern an der nördlich gelegenen Lüpertzender Straße sowie in Teilen der vier Gebäude an der Fliethstraße, die dafür hofseitig bis auf fünf Geschosse abgestuft wurden. Die rund 5.500 m² Büroflächen und 2.000 m² umfassenden Gewerbeeinheiten orientieren sich ebenfalls zur Fliethstraße hin. Mit ihrer kolonnadenartigen Überbauung zeigen sie ein prägnantes siebengeschossiges Gesicht. Anwohner, Mitarbeiter und Besucher profitieren von der zum Innenhof liegenden Kindertagesstätte und der Quartiersgastronomie. Zugleich entkoppelt der Längsriegel die Innenhöfe akustisch von der befahrenen Fliethstraße und trägt somit zu einer angenehmen Ruhesituation in den Innenhöfen bei. Das Quartier, das von Süden über eine markante Fußgängerbrücke erreichbar ist, bleibt autofrei: Zwei Tiefgaragen stehen sowohl Bewohnern als auch Büros, Gewerke und Besuchern zur Verfügung. Ein Spazierweg verläuft diagonal durch den Innenbereich. Mit einer landschaftsgärtnerischen Komposition aus Bäumen, Wege- und Wiesenflächen wird hier das einstige Gladbachtal zitiert. Der Vergangenheit des Ortes wird dadurch besondere Referenz erwiesen.
Fotos:
Jens Willebrand
www.willebrand.com
(Erschienen in CUBE Düsseldorf 03|21)