Gebautes Anliegen
Architektenhaus kombiniert Nachhaltigkeit, Energiesparen und neue Bauweisen
Wenn Architekten für sich selbst ein Haus planen, unterstellt man schnell, dass sie vor allem ein Stil-Statement setzen wollen. Dass jedoch Anliegen wie Nachhaltigkeit, Energiesparen und Experimentieren mit neuen Baumethoden umgesetzt werden, zeigt das Haus von Pape + Pape, das einerseits auch Ruhe und Geborgenheit und andererseits eine entspannte Arbeitsatmosphäre verbindet. Charakteristisch für die äußere Gestalt dieses Wohn- und Arbeitshauses ist dessen streng horizontal geschichtete Fassade, die sich aus der teils felsigen Umgebung ableitet und nicht darauf schließen lässt, dass sie u. a. aus einem handelsüblichen Baumarktprodukt hergestellt wurde.
Um eine möglichst durchgängige und zugleich schroffe Bänderung zu erzeugen, haben die Architekten Stahlbeton-Türstürze „zweckentfremdet“, da diese mit ihrer rauen Oberfläche und ihren übergroßen Baulängen das Schichtenwerk optimal thematisieren. Die tief zurückliegenden Fugen der gemauerten Außenfassade schaffen Plastizität und bieten zusammen mit den in die Fassade integrierten Nistmöglichkeiten einen Lebensraum für Vögel und Insekten. Auch die horizontal gegliederte Holzlamellenfassade des Obergeschosses, hinter der sich die Schlafräume befinden, fügt sich in das durchgängige Linienwerk der Fassade. Zugunsten von Klarheit und Reduktion bei den Gebäudekuben verzichteten die Architekten auf die Ausbildung klassischer Attika-Blechabschlüsse.
Der je nach Perspektive ein- bis zweigeschossige Baukörper fügt sich ruhig und harmonisch in die ansteigende Topografie ein. Dabei artikuliert das Gebäude zur Zufahrtsseite einen zweigeschossigen Hochpunkt, aus dem heraus sich ein U-förmiger Sockel entwickelt, der sich um das höher gelegene Gartenplateau legt. Hier findet sich auch ein beschaulicher Rückzugsort an der frischen Luft. Leitmaterialien des Wohn- und Ateliergebäudes sind die Baustoffe Beton und Holz. Sie stehen für Langlebigkeit, Widerstandsfähigkeit und Geborgenheit. Auch im Inneren des Hauses harmonieren puristische Sichtbeton- und Holzoberflächen und lassen ruhige, teils offene, teils introvertierte Raumzusammenhänge entstehen, die optimal auf die jeweiligen Nutzungsbedürfnisse ausgelegt sind.
Den Mittelpunkt des Hauses bildet die über zwei Ebenen eingeschnittene und über die ganze Gebäudelänge durchgesteckte Bibliothek. Sie liegt an der Schnittstelle zwischen Wohnung und Atelier und kann über raumhohe Türelemente zu jeder Einheit zugeschaltet oder abgekoppelt werden. Eine Galerie im Obergeschoss verbindet beide Nutzungsbereiche. Aufgrund der Hanglage liegt das Erdgeschoss auf zwei Höhenniveaus: Abgesenkte Bereiche, wie im Wohnzimmer und im Eingang des Ateliers, erhielten dabei attraktive Geschosshöhen und betonen die Nutzung. Zwei kompakte, kreisrunde Treppenröhren mit zwei skulpturalen Spindeln aus Brettschichtholz verbinden die Etagen.
Wohnfläche/Atelier: ca. 260 m²/ca. 250 m²
Grundstücksgröße: ca. 910 m²
Bauzeit: 09/2020–04/2022, 03/2024 (Außenanlagen)
Bauweise: Massivbau
Energiekonzept: KfW 55, Fernwärme, PV Anlage 14 KW
Fotos:
Oliver Rieger
www.oliverrieger.com
(Erschienen in CUBE Frankfurt 03|24)