Freundliches Alien
Ein schwarzes eckiges Etwas entpuppt sich als sympathisches Einfamilienhaus
Inmitten typischer Einfamilienhäuser mit Garten, wie man sie in den 1950–1970er-Jahren baute, als Bauland in München noch nicht so knapp war wie heute, entstehen nach und nach atypische neue Gebäude. So wird diese Wohngegend im Münchner Norden immer diverser. Ein ganz besonderer dieser Neuankömmlinge ist ein fast monolithisch wirkender Neubau, der sich mit seiner schwarzen Hülle sehr deutlich von seinen Nachbarn abhebt.
Da es sich bei der ursprünglichen Bebauung um zwei Doppelhaushälften handelte, deren eine Hälfte abgerissen und neu bebaut wurde, muss sich der Baukörper in die Lücke einfügen, mit seinem Nachbarn zur Rechten Wand an Wand abschliessen und zur Linken Garage an Garage die Lücke wieder schliessen. Durch diese notwendige Anpassung an seine Umgebung wirkt der Neubau schon weniger fremd und fügt sich erstaunlich gut ein. Der entwerfende Münchner Architekt Rudolf Hierl schuf diesen ungewöhnlichen Neubau nach den Wünschen seiner Bauherren. Eine der wichtigsten Vorgaben war, den wunderbaren Garten hinter dem Haus vollständig zu erhalten. Zudem sollte eine starke Dachschräge vermieden werden, um mehr Wohnfläche zu generieren. Fassade und Dach sollten eine Einheit bilden und über eine pflegeleichte Oberfläche verfügen. All diese Anforderungen erfüllt der Entwurf des Architekten mit verblüffenden ungewöhnlichen Lösungen: Für die Fassaden- und Dachdeckung wurden schwarze Schieferplatten gewählt, die wie Schindeln leicht überlappend angebracht sind, sodass sie optisch als einheitliche Hülle wahrgenommen werden. Eine weitere Besonderheit ist die prismatisch gebrochene Dachgeometrie. Durch sie werden im Obergeschoss Wohnräume ohne Schrägen möglich: ein Schlafzimmer, zwei Bäder, eine Ankleide und zwei weitere je nach Bedarf nutzbare Zimmer. Über einem Teil der Grundfläche wurde sogar ein 2. Obergeschoss mit einem großzügigen Dachgeschoss-Zimmer möglich. Das Erdgeschoss wird durch einen frei im Raum stehenden Funktionskörper in der Mitte gegliedert. Dieser birgt Garderobe, Treppe, Gästetoilette und den Zugang zum Keller – und er teilt den Grundriss in die beiden Haupträume Küche und Wohnzimmer. Durch Schiebetüren, die in der Wand verschwinden können, ist die Fläche teilbar oder kann offen bleiben. Zum Garten hin gibt es bodentiefe Fenster mit integrierten Türen. Eine breite Terrasse als Ruheplatz und Übergang zum Rasen schließt sich an. Alle verbauten Materialien – vom Naturstein bis zum Eichenboden – sind werthaltig ausgewählt. Durch seine ökologisch sinnvolle Energieversorgung mit Wärmepumpen und Photovoltaik auf dem Dach und auch durch sein Ziegelmauerwerk erreicht das Haus einen KfW-Wert von 40 plus.
Fotos:
Florian Hammerich
www.florianhammerich.com
(Erschienen in CUBE München 02|24)