Elbchausee trifft Reeperbahn
Boutique für Papier und Schreibgeräte erhält neuen Look
1977 gründete Waltraud Bethge ihr Unternehmen in Eppendorf: ein kleines Ladengeschäft nebst Siebdruck-Atelier im Hinterhof mit dem Fokus auf Papier und Schreiben – individuell und handwerklich auf höchstem Niveau. Seit 2016 gehört Bethge zur Leuchtturm Gruppe. Diese veranstaltete einen Wettbewerb für eine Neuausrichtung des Markenauftritts, den die Designagentur Being Born für sich entscheiden konnte. Das Büro entwickelte einen „Claim“, der den Charakter der Marke prägnant zusammenfasst: Das Außergewöhnliche finden.
Das Ziel war, die Herkunft des Unternehmens in den neuen gestalterischen Ausdruck zu integrieren. Dafür machte das Team um Katja Born den spannungsvollen Kontrast zwischen dem gediegenen, eleganten Erbe der Elbchaussee und der Ästhetik der Reeperbahn räumlich erlebbar. Qualität trifft auf experimentelle Formen, moderne Materialien und stilistische Offenheit. Die Tonalität bleibt dabei ungezwungen – ein Spiel zwischen Sophisticated und Industrial Chic, mit einer präzisen Formensprache, die die Wertigkeit der Produkte unterstreicht. Zurückhaltende, gedeckte Farbtöne werden durch gezielte Akzente ergänzt. Glatte, reduzierte Oberflächen schaffen eine Bühne für empfindliche Produkte und treten in bewusstem Kontrast zu rauen, unbearbeiteten Materialien.
Für Wiedererkennbarkeit und einen Überraschungsmoment zugleich sorgt eine zentral platzierte, kunstvolle Anordnung antiker Möbelstücke – ein ungewöhnliches Gestaltungselement und gleichsam ein „Hingucker“. In diesem Unikat, zusamengesetzt aus Schreibtischen und Sekretären, verdichten sich beiden gegensätzlichen Hamburger Welten. Fragmentiert, scheinbar zufällig arrangiert und bewusst jenseits konventioneller physikalischer Ordnung, entzieht sich das Objekt der bloßen Funktionalität. Es fordert zur Auseinandersetzung auf, weckt Fragen, irritiert vielleicht, und erzeugt im besten Fall ein Schmunzeln. Dieser Ort lädt zum Verweilen, Stöbern und Entdecken ein. Antikes Mobiliar – da ist die Assoziation zum Orientteppich als klassisches Pendant nicht weit. Auch dieser wurde seiner traditionellen Rolle enthoben und in einen neuen Kontext überführt: Auf den rohen Betonboden appliziert, erweitert das klassische persische Teppichmuster die Präsentationsebene und verleiht den Exponaten eine zusätzliche Dimension.
Fotos:
Being Born
www.beingborn.de
(Erschienen in CUBE Hamburg 02|25)