Die grüne Mitte verbindet
Die unglaubliche Verwandlung von Blech und Krach in Grün und Stille
Edouard Manets Gemälde „Le déjeuner sur l‘herbe“ diente Pola Landschaftsarchitekten als Inspiration für den neuen Park auf dem A7-Tunnel in Schnelsen. Wo sich einst Blechlawinen unter freiem Himmel dahin schoben, gedeiht heute – oberhalb von Verkehrslärm und einer sechsspurigen Autobahn – eine vegetative Artenvielfalt, treffen sich die Anwohnenden zum Picknick, spielen Nachbarskinder ungefährdet Fußball und bauen Kleingärtner Obst und Gemüse an. Eine drei Hektar große Dachbegrünung auf dem sogenannten Schnelsener Deckel ließ Manets malerische Illusion vom Frühstück im Grünen gebaute Realität werden.
Dafür wurden innerhalb der 560 Meter langen Parkanlage 44.500 Tonnen Erde bewegt, 150 Bäume gepflanzt und auf einer 1,4 Hektar großen Fläche insgesamt 42 Schrebergärten angelegt. In der insgesamt 12-jährigen Planungs- und Bauzeit wurde die Stauden- und Gehölzauswahl immer wieder an die sich rasant verändernden stadtklimatischen Verhältnisse und neuesten Erkenntnisse aus dem Monitoring des Bodenmanagements auf dem Deckel angepasst. Die A7 zerschnitt Schnelsen in zwei Teile rechts und links des offenen Autobahngrabens und erzeugte eine enorme Lärmkulisse. Der neue Grünraum hat den geteilten Stadtteil wieder zusammengeführt und bereits kurz nach seiner feierlichen Eröffnung zahlreiche Impulse im aktiven Stadtteilleben gesetzt. Der Park über der ehemals trennenden Autobahnschneise ist zum grünen Stadtteilzentrum gereift, zu einem Freiraum, der Menschen verbindet, zusammenführt und das Lebens- und Wertegefühl eines ganzen Stadtteils aufwertet. Kurz nach der Fertigstellung wurde der Park auf den Namen der aus Schnelsen stammenden Bildhauerin Dorothea Buck getauft, die sich für die Entstigmatisierung psychisch kranker Menschen eingesetzt hatte. Auch der sich innerhalb des Parks befindende Quartierspark an der Frohmestraße ist nach Menschen benannt, die sich im medizinischen Kontext engagiert haben und in Schnelsen beheimatet waren. So ist der Geschwister-Tölke-Platz den Schwestern Erika und Ilse Tölke gewidmet, die mit ihrer gemeinnützigen Stiftung zahlreiche soziale Projekte und die Krebsforschung unterstützt haben.
All das zeugt von einer unmittelbaren und innigen Verbundenheit der Schnelsener Bürger:innen mit ihrer neuen Parkanlage auf der Autobahn A7. Es zeugt aber auch von der Kraft der Idee zahlreicher Anwohner:innen: Diese gaben mit ihrer Bürgerinitiative „Ohne Dach gibts Krach“ der Stadt den Anstoß, den Lärmschutz neu zu denken und mit dem Projekt „Hamburger Deckel“ auch die damit verbundenen städtebaulichen Potentiale zu entwickeln. Zwei weitere Parkanlagen folgen auf den Tunneln in Stellingen und Altona bis 2025 und 2028. Einen besseren Auftakt als den Dorothea Buck Park kann man sich nicht vorstellen: Er ist ein Freiraum zur Stärkung des sozialen Miteinanders.
Foto:
Hanns Joosten
www.hannsjoosten.de
(Erschienen in CUBE Hamburg 01|24)