Den Raum weitergedacht
Ein Musiksaalgebäude wird zum multifunktionalen „Haus der Kultur/en“
In unmittelbarer Nachbarschaft zum Rathaus und einem kleinen Park befindet sich in Burscheid seit über 50 Jahren das „Haus der Kunst“. Der sichtlich in die Jahre gekommene Bau sollte im Zuge der Regionale 2025 saniert und zu einem multifunktionalen Konzert- und Veranstaltungsort mit Ausstrahlung transformiert werden – nicht zuletzt zur Stärkung der lokalen Musikkultur. So zählt die bergische Kleinstadt mehrere Musikvereine, darunter auch das älteste Laienorchester Deutschlands. Das Bochumer Generalplanungsbüro Archwerk, Professor Krenz Architekten, das als Gewinner aus einem Wettbewerbsverfahren mit Mehrfachbeauftragung hervorgegangen war, erweiterte den erhaltenen Konzertsaal nachhaltig durch eine neue Raumfolge, die in den Stadtraum ausstrahlt.
Das Bestandsgebäude, 1971 nach Plänen des Architekten Hans Brandt realisiert, zeigte Merkmale, wie sie von Raumschöpfungen Hans Scharouns her bekannt sind: Vor allem der zentrale Musiksaal besticht durch sein Raumkontinuum zwischen Innen und Außen, die skulptural gedachte Einheit von Fassade und Dach und markante Details wie die Holzverkleidung. Aber funktional war der Saal mit seinem lichtdurchfluteten Dach vorbildlich geplant und baulich umgesetzt worden. Entsprechend sollte er als Zentrum eines neuen „Haus der Kultur/en“ weitestgehend erhalten bleiben und mit Augenmaß erweitert werden – zumal damit auch nachhaltig graue Energie erhalten und Ressourcen geschont werden sollten. Der großzügige Vorplatz vor dem L-förmigen Bestandsgebäude bot genügend Fläche, um eine neue axiale Raumfolge zu etablieren: Diese beginnt mit dem neuen Eingangsgebäude, das Garderoben und Sanitärräume aufnimmt und durch seine trichterförmig ausstrahlende Gestaltung zugleich ein neues, identitätsstiftendes Entrée zum Stadtraum formuliert. Daran schließt sich ein kommunikatives Foyer mit runden Oberlichtern an, das jederzeit flexibel dem Musiksaal zugeschaltet werden kann, um die reguläre Kapazität von 400 auf 660 Sitzplätze zu erhöhen. Zugleich wurde der Musiksaal in seinem Bühnenbereich erweitert, um mehr Platz für Orchesterbesetzungen zu schaffen. Die Bühne und die Bestuhlung wurden dabei so flexibel gehalten, dass der Bühnenraum jederzeit zentral positioniert werden kann.
Maßgeblich war, dass die bestehenden Raumhöhen das Maß für alle räumlichen Erweiterungen bildeten. Vorhandene Blickbezüge wurden verstärkt, aber auch erweitert: So öffnet sich das Foyer großzügig mit einer Glasfront zu einer bestehenden Baumachse im benachbarten Park. Die dazwischen verlaufende, neu errichtete Passerelle führt zu einer amphitheaterartigen Treppenanlage in den Park. Beim Innenausbau wurden die im Bestand verwendeten, akustisch wirksamen Materialien – Travertin für Fußboden und Platzbelag, gemasertes Holz für die Wandverkleidungen – erhalten und weiter fortgeführt. Auch ein Teil der skulptural gestalteten Eingangstür zum Musiksaal wurde als zentrale Haustür zum Entrée wiederverwendet. Energetisch wurde das gesamte Gebäude an Fassaden, Dächern und Bodenplatten mit einer Außendämmung ausgestattet. Eine Gasmotorwärmepumpe deckt die Grundlast für Heizung und Warmwasser, während ein Gaskessel Spitzenlasten übernimmt.
Fotos:
Archwerk Generalplaner KG
(Erschienen in CUBE Köln Bonn 04|25)

