Unsichtbarer Luxus
Eine Villa, die beeindruckende Aussichten bietet, aber nicht gesehen werden will
So ist es nun einmal: Wer groß baut, wird beäugt. Schnell nimmt man als Außenstehender einen Standpunkt ein, der von Anerkennung über Unverständnis bis Neid reichen kann. Bekanntlich Aspekte, die für viel Gesprächsstoff sorgen. Die Fragen und Überlegungen, was Bauherren wirklich bewogen haben könnte und welche Wünsche und Absichten sie beim Bau ihrer eigenen vier Wände hatten, werden dabei oft vernachlässigt oder ausgeblendet. Wie sehr man überrascht werden kann, zeigt eine Villa, die der Architekt Dominik Aichinger für eine Familie mit drei Kindern und einem Hund in einer Villengegend außerhalb der Stadt auf einem nach Süden geneigten Hang geplant und ausgeführt hat.
Schon beim ersten Vorentwurf wurde das umfassende Raumprogramm der Bauherren festgelegt: rund 600 m² Wohnfläche sollte das neue Eigenheim umfassen. Das Leitmotiv wurde auch festgelegt: „Verschlichterung“ – ein Wort, das es eigentlich nicht gibt und doch die Idee auf den Punkt bringt: „Man zeigt, dass man nichts zeigen muss. Luxus dreht sich bei dieser Villa daher nicht um das Verschwenden, sondern um das Verschwinden“, erklärt der Architekt. Hinzu kam noch der Wunsch nach Privatsphäre und weiten Ausblicken, ohne Einblicke der Nachbarn zu erlauben. Doch zunächst passte das Raumprogramm nicht zu den Vorgaben des Bebauungsplanes, der die maximal zu bebauende Fläche streng limitierte. Für den einen Hindernis, für den anderen Inspiration. Die Architekten schlugen vor, möglichst viel Fläche unter Terrain und ein die bebaubare Fläche voll ausschöpfendes, kompaktes Obergeschoss anzuordnen, so dass im Gartengeschoss überdeckte Freiräume etabliert werden konnten – dafür entschied sich die Familie.
Charakteristisches Merkmal des Baukörpers ist die ausragende Metallbox, die über dem Erdgeschoss zu schweben scheint. Aus nachvollziehbaren Gründen öffnet sich die Box in Richtung Garten. Über großflächige Glasfassaden kann der Blick über die angrenzenden Landschaften bis hin zum Stift Klosterneuburg schweifen. In diesem Teil des Hauses liegen die Schlaf- und Kinderzimmer mit jeweils eigenem Bad sowie die privaten Räumlichkeiten der Eltern. Das Obergeschoss ruht auf zwei zum Hang parallel verlaufenden Wandscheiben aus Stein, die – neben der statischen Funktion – direkte Einblicke von der Straße aus verhindern sowie die Privatsphäre im Eingangsbereich gewährleisten. Auf der anderen Seite befindet sich in einem transparenten Glaskörper der Wohnbereich, der direkt an den Garten angrenzt. Die Terrasse bildet gleichzeitig das Dach des Untergeschosses. Dort befinden sich lebenswerte Räume und Aufenthaltsräume wie Gästezimmer, Werkstatt, Weinkeller, Golfsimulator, Sauna und Gewächshaus, die sich unter das Wohnhaus schieben und damit den Hang geschickt mit in die Architektur einbinden. Die Innenräume sind nach klaren, funktionalen Vorgaben strukturiert und logisch angeordnet. Unnötige Flure werden vermieden, dafür sind die Wohn- und Lebensräume ideal dimensioniert. Neben einem Aufzug ist es vor allem die zentral liegende dreiläufige Treppe, die eine abwechslungsvolle Verbindung zwischen den drei Wohnebenen schafft und für spannende Sichtbeziehungen sorgt.
Die Ausstrahlung der „Verschlichterung“ ist darauf zurückzuführen, dass das Wohnhaus mit all seinen reduzierten und bewusst zurückhaltenden Details ganz auf die Anforderungen und Wünsche der Bewohner zugeschnitten wurde. Darüber hinaus trug der permanente intensive Austausch zwischen Familie und Architekt, bei dem es immer wieder darum ging, Luxus unsichtbar zu machen, ganz entscheidend zum Gelingen der Villa bei.
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