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Vom Gras zum Gebäude

Mit neuen Technologien schafft Bambus beeindruckende Architektur

Kann ein Material, das zur Familie der Gräser gehört, sechsmal härter als Stahl und dabei so... mehr

Kann ein Material, das zur Familie der Gräser gehört, sechsmal härter als Stahl und dabei so leicht sein, dass ein Mensch imstande ist, es zu tragen? In der Frage liegt natürlich die bejahende Antwort. Es handelt sich um den am schnellsten nachwachsenden Rohstoff der Welt – Bambus. Derzeit bedeckt er weltweit eine Fläche von rund 37 Millionen Hektar, davon sechs Millionen in China und neun Millionen in Indien. Einige der etwa 1.400 Arten wachsen bis zu einem Meter am Tag und erreichen eine Höhe von 40 Metern. Bereits nach wenigen Monaten lässt sich das Material verwerten. Ganz im Gegensatz zu Eiche, Buche oder Ahorn, die zumeist erst nach über 100 Jahren ihre Hiebreife erreichen.

Während solch einer Wachstumsgeschwindigkeit wird mehr Kohlendioxid gebunden als bei jeder anderen Pflanzenart. Hinsichtlich seiner positiven Ökologiebilanz findet sich daher kaum ein vergleichbarer Werkstoff. Trotz der überzeugenden Argumente galt sein Einsatz lange Zeit eher anspruchsloser provisorischer Architektur oder klischeebehafteten Spa-Bauten. Für professionelle Architekturen schien das Naturmaterial uninteressant, obwohl seine mechanischen Eigenschaften durchaus überzeugen. Der Naturbaustoff vereint die Druckfestigkeit von Beton mit der Zugfestigkeit von Stahl, ist angesichts seiner Hohlkörperstruktur biegsamer als Holz und hinsichtlich seiner Härte gegen starke Orkane und Erdbeben gefeit. Das Potenzial machte sich der Münchner Installationskünstler und Konstrukteur Markus Heinsdorff zunutze. Der ehemalige Goldschmied bewies mit dem Deutsch-Chinesischen Haus auf der Expo in Shanghai, dass Bambus sehr wohl in der Lage ist, als vollwertiges Bau­material anerkannt zu werden. In Zusammenarbeit mit mehreren Universitäten in China entwickelte er Techniken für die Stabilisierung der acht Meter langen Naturrohre und neue Materialien wie Bambuslaminat. Nach seiner Meinung könnte Bambus sogar das Bau­material der Zukunft sein, auch in Europa. Die Bedenkenträger verweisen allerdings zu Recht auf den langen Transportweg und dem damit negierten ökologischen Vorteil. In dieser Hinsicht ist dessen Klimabilanz zumindest fraglich. Laut Heinsdorff ginge diese Rechnung dennoch auf, wenn die Energie für den Transport aus erneuerbaren Quellen käme. Auch das Karlsruher Institut für Technologie forscht mit diesem Material und entwickelte einen industriell produzierbaren Bambus-Verbundwerkstoff. Das zu 90 Prozent aus Bambusfasern und Harzen bestehende und verpresste Naturmaterial soll bekannte Schwächen ausgleichen, denn wie Holz reagiert Bambus ebenfalls auf die Änderungen von Luftfeuchtigkeit mit Aufquellen oder eben Vertrocknung und erweist sich als nährender Boden für Pilze sowie Bakterien.

Gleichermaßen erarbeiteten weltweite Forschungsinstitutionen, Architekten und Ingenieure praxistaugliche Lösungen für das gravierendste Problem: die Verbindung zwischen den Bambusstangen. Die Enden sind oftmals unregelmäßig und fransen aus. Diese Aufgabe löste beispielsweise eine Fräsmaschine der University of Tennessee, die mittels CNC-Technologie die Stangen in ihrer unregelmäßigen Innenstruktur ausfräst, begradigt und die Enden mit einem sogenannten Spannfutter umschließt. Die TU Darmstadt erfand eine Bambus-Beton-Kon­struktion, die die Tragfähigkeit der Verbindungen deutlich stabilisierte. Inzwischen kommt Bambus ebenso als Fassadenverkleidung, Bodenbelag, in der Möbelherstellung und bei ausgefallenen Konzeptbauten zum Einsatz und gewinnt mit neuen Technologien die Aufmerksamkeit in der Architektur.

(Erschienen im CUBE Magazin 03|20)

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