Strategie und Spezialisierung
Deutschlands führende Coworking Anbieter eint nur eines – ambitionierte Expansionspläne
Die Büroflächen und Anbieterlisten für Coworking Spaces wachsen von Tag zu Tag. Dementsprechend groß fällt die Bandbreite der Angebote aus, die vom Kellerbüro über Caféplätze bis zum Tech-Campus reichen. Jedes Modell bietet dabei verschiedene Nutzungsmöglichkeiten – vom stundenweise gemieteten Schreibtisch bis zu komplett ausgestatteten Büros samt Empfang und Konferenzraum. Mit der rasant zunehmenden Nachfrage wächst auch die Marktmacht der Coworking Anbieter. Früher platzierten sie sich auf jedweder Fläche, die herkömmliche Gewerbetreibende in der Regel ablehnten. Mittlerweile ist die Situation eine andere: Beste Innenstadtlage in begehrten Metropolen steht im Vordergrund vieler Flexible-Office-Betreiber. Deren Expansionsstrategien dominieren vielerorts das Stadtbild, weil zudem Diversifizierungsmaßnahmen in andere Bereiche wie etwa Fitness oder Wellness und Kooperationen mit weiteren Unternehmen die Marktdurchdringung verdeutlichen.
Das Unternehmen mit der ambitioniertesten Expansionsstrategie ist die aus Amerika stammende We Company, auch als WeWork (Coworking) bekannt. Trotz der zuletzt öffentlich gewordenen finanziellen und unternehmensstrukturellen Schieflage sowie dem gescheiterten Börsengang, führt der Coworking Spezialist mit ca. 250 Millionen Dollar Umsatz und 650 Standorten auf 23 Länder verteilt neben Regus das weltweite Ranking an. Im Gegensatz zu den Anfängen des Unternehmens im Jahr 2010, als noch kleinste Start-up-Größen, Einmannbetriebe oder Freelancer das Bild der Mieter prägten, wird nun die Zielgruppe große Firmen anvisiert. Hierfür gründete WeWork für Firmenkunden einen eigenen Bereich für Servicedienstleistungen rund um die Büroimmobilie, die das Geschäftsfeld „Workspace as a Service (WaaS)“ abdeckt. Dazu gehört beispielsweise die Unterstützung bei der Suche nach passenden Büroflächen, deren Umbau und Gestaltung, der Planung und Implementierung notwendiger IT-Infrastrukturen sowie dem anschließenden Asset und Facility Management. Diese Ausrichtung stellt nur ein Element der neuen Firmenphilosophie dar, mit der sie ganz klar auf den Titel „Leader of the world“ abzielen und den Weg zur Rentabilität beschreiten wollen. Dafür nimmt das Unternehmen viel Geld in die Hand für Technologien zur Standortanalyse, Design, Ausstattung, Energiemanagement, Kundengewinnung, Kundenservice, den Aufbau einer Online-Plattform sowie eines Systems für die Online-Zahlung. Für Aufmerksamkeit sorgte überdies die Ernennung des Stararchitekten Bjarke Ingels zum Chefplaner. Gemeinsam mit Michel Rojkind, Senior Vice President of Architecture bei WeWork, entstand unter anderem das Manhattan WeGrow. Was die Company jedoch allen anderen Wettbewerbern voraus hat, ist die Implementierung technischer und digitaler Werkzeuge, wie etwa Virtual Reality oder der Einsatz von Building Information Modeling (BIM).
Der stärkste Konkurrent von WeWork zeigt sich in dem Hybridanbieter Regus. Das 1989 in Brüssel gegründete börsennotierte Unternehmen unterhält in 900 Städten über 5 Mio. m² an flexi-blen Büroflächen und setzt sich damit an die weltweite Spitze. Darunter zählen jedoch auch die Flächen von Spaces und Signature Works, die mit Regus und drei weiteren Unternehmen die International Workplace Group (IWG) bilden. Die in der Schweiz sitzende Holding führt derzeit 2,5 Millionen Mitglieder, die sich in vornehmlich klassisch eingerichteten Räumlichkeiten etwa 588.445 Workstations teilen. Die Betreiber bieten Unternehmen jeglicher Größe – aktuell 30 Prozent Großkunden und 40 Prozent kleine und mittlere Unternehmen – voll ausgestattete Büros, Meetingräume, Business Lounges, Videokonferenzmöglichkeiten und virtuelle Büros an. Die Büroflächen stellt Regus, im Gegensatz zu WeWork, nicht nur in den Innenstadtlagen großer Metropolen bereit, sondern gleichfalls an hochfrequentierten Verkehrsknotenpunkten wie Flughäfen, Bahnhöfen sowie Messestandorten. Mit der Marke Signature Works zielt IWG vornehmlich auf eine anspruchsvolle Klientel ab, die exklusive und luxuriös ausgestattete Arbeitsplätze suchen. Die Flächen befinden sich in ausschließlich renommierten Lagen wie etwa dem Bling Bling Building in Liverpool. Die Spaces präsentieren sich mit hochwertigen Materialien und ausgefallenen Einrichtungen.
Mit dem Dritten im Bunde, dem niederländischen Spaces, will die IWG-Holding die Kompetenz im Networking, Community Building und Event Management ausbauen. Die Präferenz liegt daher auf große offene Strukturen. Mit durchschnittlich 3.470 m² sind die Hybrid-Spaces aufgrund dessen deutlich größer als der Durchschnitt der Serviced Offices (1.600 m²) der IWG. Mit kommunikationsfördernder Innenarchitektur und entsprechendem Mobiliar geht die Strategie auf, denn allein im letzten Jahr erhöhte sich die Zahl der Niederlassungen von Spaces von 75 bis Ende 2018 auf 182.
(Erschienen in CUBE Inspire Coworking 2019)