Interview mit Tom Lloyd
Top-Designer aus dem Londoner East End
CUBE: Herr Lloyd, zu Ihren aktuellen Projekten gehört die Arbeitsplatzgestaltung „Docklands“ für Bene – was hat Sie bei dieser Arbeit inspiriert?
T. LLOYD: Docklands ist das Resultat langjähriger Forschung, die wir mit Bene zum Thema Arbeitsplatz betrieben haben. Am Anfang des Prozesses ging es uns um effiziente Raumnutzung. Wir begannen schließlich, den Arbeitsplatz als Ganzes zu betrachten und versuchten zu verstehen, wie unsere Produkte die Bedürfnisse der Menschen unterstützen können. Die Kernidee hinter Docklands ist die Balance zwischen Interaktion und Konzentration – man muss den Leuten auch die Möglichkeit lassen, konzentriert für sich allein zu arbeiten.
CUBE: Wie kam es zu dem Namen? Woran soll er erinnern?
T. LLOYD: Der Name stellt ein Gleichnis auf den Arbeitsplatz als Stadt dar. Man geht in die Parks, um miteinander zu kommunizieren und frische Luft zu atmen. Das Hafenviertel (engl. „Docklands“, Anm. d. Red.) wiederum ist der Ort, wo man die nötige Energie findet und kreativ werden kann. Es war genau diese Atmosphäre, die sich in unserer Arbeit wider-spiegeln soll.
CUBE: Ist Ihre Handschrift klar zu erkennen? Wenn ich ein Produkt von Walter Knoll sehe und eines von Bene – erkenne ich dann, dass das Design von Ihnen stammt?
T. LLOYD: Nein, nicht immer. Wir versuchen immer uns der Marke anzupassen und nicht, sie zu beherrschen. Viele Designer verewigen ihren persönlichen Stil in den Produkten einer Marke. Wir bevorzugen eine etwas komplexere Beziehung zu den Marken und versuchen ihnen zu helfen, ihre eigene Identität zu finden.
CUBE: Schildern Sie uns bitte einmal, wie solch ein kreativer Entstehungsprozess in Ihrem Büro abläuft. Ist der Ablauf festgelegt, standardisiert?
T. LLOYD: Einige Schritte sind sicherlich typisch, aber jeder Kunde geht mit einer eigenen Form von Energie in das Projekt, einem eigenen Grad an Erwachsenheit und bringt seine eigenen Begrifflichkeiten mit sich. Seinen eigenen Markt, seine Markenpersönlichkeit...
CUBE: Worauf hat sich Ihr Designbüro spezialisiert?
T. LLOYD: Den Kern unserer Arbeit bildet das Entwerfen von Möbeln: Alles von Flugzeugsitzen über Badezimmer bis hin zum medizinischen Umfeld – die gesamte Bandbreite des menschlichen Lebens.
CUBE: Träumen Sie von einem besonderen Produkt, das Sie gerne entwerfen würden?
T. LLOYD: Wir haben oft über Transport gesprochen - ein Fahrrad zum Beispiel. Außerdem vielleicht eine neuartige Form von Häusern. Ein durchgehendes Thema unserer Arbeit ist dabei die Idee eines „geteilten Raumes“ außerhalb des eigenen Zuhauses – sei es ein Krankenhaus, ein Bahnhof, ein Flughafen oder der Arbeitsplatz. Dies sind alles Orte, an denen man mit anderen Menschen klarkommen muss - Orte, die einem nicht allein gehören. Diese Orte verbindet ein gemeinsames Thema: Die Beziehung zwischen Öffentlichem und Privatem. Das ist eine Dynamik, an der wir sehr interessiert sind.
CUBE: Welchen Stellenwert hat Architektur für Sie? Hat sie eine große Relevanz für Ihre Arbeit?
T. LLOYD: Ich denke gerade im Augenblick besteht eine große Herausforderung der Architektur darin, zu verstehen, worin die Bedürfnisse der Menschen liegen – besonders am Arbeitsplatz.
CUBE: Haben Sie schon einmal für einen Architekten gearbeitet, der Sie gebeten hat, etwas für sein Gebäude zu entwerfen?
T. LLOYD: Nicht im Besonderen. Wir haben beispielsweise für Bene bei großen Projekten mit Architekten zusammengearbeitet. Die Inputs waren interessant für die Weiterentwicklung unserer Konzepte und Produkte.
CUBE: Welche Art Gebäude würden Sie gerne entwerfen – eher ein Privathaus oder eine öffentliche Bushaltestelle oder einen Flughafen?
T. LLOYD: Im Augenblick baue ich privat einen Stall auf dem Land in England. Er hat etwa 70 m2 und ist nur ein simples Objekt aus Holz – und das ist wirklich schön. Ich interessiere mich sehr für Holz, besonders in der Möbelindustrie. Ich denke auch in der Architektur sollte es als Material an Bedeutung gewinnen. Es gibt in London ein neunstöckiges Bürogebäude – ich glaube es ist das größte ausschließlich aus Holz gefertigte Gebäude der Welt und es ist unglaublich.
CUBE: Ihr Firmensitz ist in London. Wäre für Sie auch ein anderer Ort vorstellbar oder brauchen sie die kreative Londoner Atmosphäre?
T. LLOYD: Ich denke diese besondere Energie in London leistet einen großen Beitrag zu unserer Arbeit. Besonders, da wir im Londoner Ostern arbeiten: Dort herrscht diese kommerzielle, industrielle, sich ständig ändernde Dynamik – das ist wirklich einzigartig.
Herr Lloyd, wir danken Ihnen für das Gespräch.
PearsonLloyd
Luke Pearson und Tom Lloyd gründeten im Jahr 1997 in London ihr Designbüro PearsonLloyd, das heute zu den erfolgreichsten Designstudios Großbritanniens zählt. Die Projekte sind vielseitig und wurden bereits mit zahlreichen internationalen Preisen ausgezeichnet. Das Londoner Büro zeigt eindrucksvoll, was hochwertiges Industriedesign ausmacht – nämlich die intelligente Umsetzung von sich verändernden Arbeitsweisen, Produktionsmöglichkeiten und Lebensumständen. Das Tätigkeitsfeld von PearsonLloyd umfasst Innenarchitektur, Möbeldesign und -consulting sowie Produktdesign oder die Gestaltung öffentlicher Plätze. Zu ihren Kunden zählen etwa Artemide, Classicon, Fritz Hansen, Walter Knoll, Knoll International, Lufthansa und Virgin Airlines.
Für den Möbelhersteller Bene entwarf PearsonLloyd bereits das Möbelprogramm PARCS (2009) mit einer umfassenden Produktpalette wie etwa Causeway, Toguna, Wing Series oder Idea Wall.
www.pearsonlloyd.com