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Dynamische wohnlandschaften

CUBE traf den Designer Christophe Delcourt auf dem Salone del Mobile in Mailand am Stand von Minotti

CUBE: Sie haben keine Ausbildung an einer Hochschule absolviert, sondern sind Autodidakt. Wie... mehr
CUBE: Sie haben keine Ausbildung an einer Hochschule absolviert, sondern sind Autodidakt. Wie ist Ihr Werdegang als Designer?

Christophe Delcourt: Ich habe Schauspiel studiert und immer schon gerne mit Künstlern und Handwerkern gearbeitet. Deren Arbeit hat mich dazu inspiriert, auch selbst handwerklich tätig zu werden. Heute entwerfe ich in meinem Studio in Paris die Möbel nicht nur, sondern betreibe auch eine Manufaktur, in der ich meine eigene Kollektion eigenhändig fertige. Darüber hinaus unterrichte ich Design und Innenarchitektur an der Hochschule in Paris.

Sie präsentieren hier in Mailand auf dem Salone del Mobile Ihre neue Kollektion für Minotti. Wie kam es zu der Zusammenarbeit mit dem traditionsreichen italienischen Möbelhersteller?

Ich bekam vor rund drei Jahren eine E-Mail mit einer Anfrage für ein Meeting. Minotti hatte meine Arbeit seit einiger Zeit verfolgt und war sehr interessiert an meiner Haltung als Designer. Die beiden Inhaber Renato und Roberto Minotti waren auch an meiner Person interessiert und glaubten, ich würde gut zu dem Unternehmen passen. Wir starteten mit einigen kleineren Arbeiten, darunter ein Sessel, ein Tisch, einige Storage-Elemente und mit „Granville“ im letzten Jahr auch ein Sofa. Hier auf der Messe präsentiert Minotti mein neues Sofasystem „Daniels“.

Was sind die Besonderheiten des Sofas Daniels?

Das System besteht aus rund 150 einzelnen Elementen. Aufgrund dieser Vielfalt ist jede Konfiguration des Möbels als ein maßgefertigtes Einzelstück zu sehen, wie es sonst nur der Handwerker liefern kann. Ein wichtiger Aspekt war es, ein Sofa zu entwerfen, welches nicht mehr nur an der Wand steht, sondern sich auch frei im Raum platzieren lässt. Deshalb wollte ich den Rücken nicht verstecken, sondern ihn ebenso wie alle anderen sichtbaren Elemente hochwertig ausführen.

Das System bietet einfache Möglichkeiten, Elemente miteinander zu kombinieren. Das ebenfalls von mir entworfene niedrige Storage-Möbel „Amber“ mit seinen 1/4-, 1/8- und 1/16-Kreissegmenten kann mit den Sitzsystemen kombiniert werden. Dadurch entstehen interessante Kon­traste zwischen weichen und harten Materialien. Statt des konventionellen linearen Schemas beim traditionellen Sofa lassen sich mit dem System dynamische Wohnlandschaften für unterschiedlichste Raumsituationen realisieren. Minotti arbeitet mit vielen Architekten und Innenarchitekten zusammen. Die suchen nach hochgradig personalisierten Lösungen für ihre Kunden. Mit dem Daniels Sofa können Architekten fast jeden nur erdenklichen Entwurf umsetzen.

Welche Akzente können Sie als französischer Designer bei einem so traditionsreichen, spezifisch italienischen Möbelunternehmen wie Minotti setzen?

In den letzten 20 Jahren war Rodolfo Dordoni als alleiniger Kreativdirektor für das Design bei Minotti verantwortlich. Ich war vor rund zwei Jahren der erste Designer, der von außen dazugekommen ist. Seit dem letzten Jahr arbeiten für Minotti auch der Architekt Marcio Kogan aus Brasilien, das Designstudio Nendo aus Japan sowie das Designerduo GamFratesi aus Dänemark. Minotti erzielt 86 Prozent seines Umsatzes mit dem Export und möchte deshalb den Dialog mit unterschiedlichen Kulturen weiter vorantreiben. Damit möchte Minotti sich als Unternehmen weiterentwickeln und mit neuen Energien sein Programm bereichern.

Einer Ihrer Lieblingskünstler ist Carl Andre, in der Architektur nennen Sie John Pawson als wichtigen Einfluss. Würden Sie Ihren Stil als minimalistisch bezeichnen?

Zu den Künstlern, die für mich wichtig sind, zähle ich noch den Bildhauer Constantin Brâncuși. Ob eine Arbeit minimalistisch ist oder nicht, ist für mich kein zentraler Aspekt. Ich mag Dinge, die ihre Zeit überleben und auch noch in zehn Jahren gut aussehen. Eine gewisse Einfachheit finde ich schon interessant, gleichzeitig sind für mich aber auch Ästhetik und Komfort wichtige Kategorien. Komfort ist für mich etwas Sinnliches und definiert die Interaktion mit dem Möbel. Einfachheit bedeutet deshalb nicht: Fass mich nicht an. Beim Nutzer muss sich das Bedürfnis einstellen, das Möbel berühren zu wollen und es zu benutzen. Der reine Minimalismus kann manchmal davor abschrecken und ein wenig steril wirken.

Gibt es in der Designhistorie eine besonders wichtige Person für Sie?

Ich arbeite auch als Lehrer, deshalb finde ich, dass das Wissen über die Historie des Designs sehr wichtig ist. Eine der zentralen Figuren im modernen Design für mich persönlich ist Charlotte Perriand. Ihr Stil ist einfach und pur. Ich liebe genauso wie Perriand den Werkstoff Holz. Mich interessiert auch ihre spezielle Art Möbel zu fertigen und wie sie die Elemente zusammenfügt. Charlotte Perriand steht für mich für eine sinnliche Art des Minimalismus.

Wie sehen Sie das Verhältnis von Architektur und Möbeldesign?

Für mich sind Möbel Teil des Alltags, des wirklichen Lebens und deshalb sehr wichtig für uns Menschen. Sie sind definiert über ihre Funktionen und über den Nutzen, den sie im Gebrauch liefern. Zur Funktion von Möbeln gehört auch der Komfort und selbstverständlich sollen Möbel auch schön sein. Möbel sind deshalb aber nie einfach nur Dekorationsobjekte für den vom Architekten entworfenen Raum. Sie geben dem Raum seinen spezifischen Charakter und verankern ihn im alltäglichen Leben der Menschen.

Herr Delcourt, wir danken Ihnen für das Gespräch.

Das Interview führte Peter Steinhauer.

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