Im Westen was Neues
Schöne Ergänzung eines historischen Gebäudes
Das Bismarkhaus an der Schwabstraße steht an prominenter Stelle in einer Einkaufstraße des Stuttgarter Westens, gegenüber der Kirche St. Elisabeth, und ist deshalb den meisten Stuttgartern bekannt. 1893 vom Werkmeister Ludwig Blankenhorn erbaut, wurde es leider im zweiten Weltkrieg mit dem Bombardement der Stuttgarter Innenstadt schwer beschädigt. Weil unmittelbar nach dem Krieg die finanziellen Mittel für eine Komplettierung und einen Wiederaufbau nach den ursprünglichen Plänen fehlten, wurden die zerstörten Bauteile abgetragen und das Eckhaus oberhalb des ersten Obergeschossen mit einem Dachgeschoss abgeschlossen. Leider hat man die oberen Geschosse nie ergänzt, sodass die unvollkommene Form auch im Hinblick auf die umgebende, geschlossene Bebauung immer negativ präsent war. Nach der Kriegszeit wurde das Gebäude wieder als Wohn- und Geschäftshaus genutzt und die Apotheke im Erdgeschoss mit ihrer über hundertjährigen Tradition blieb erhalten.
Die Vorstellung, das Gebäude in seiner ursprünglichen Kubatur wiederherzustellen, konnte erst ab 2012 umgesetzt werden, als der neue Eigentümer das unter Ensembleschutz stehende Bismarckhaus durch einen Neubau wieder ergänzen wollte. Während die historische Straßenfassade des Erd- und Obergeschosses bei den Rückbauarbeiten aufwendig gesichert und erhalten wurden, konnten die Architekten auf den bestehenden Sockelgeschossen aus Sandstein vier neue Wohngeschosse realisieren. Dafür haben sie die Stilelemente des Gebäudensembles wie Erker, Fries, Gewände, Duktus etc. bewusst modern interpretiert. Die dominanten Elemente der historischen Fassade wurden bei der Neugestaltung zitiert und wichtige Grundelemente des modernen Wohnens, wie zum Beipiel offene Grundrisse, großer Verglasungsanteil und hohe Raumhöhen, in den neuen Wohnungen spürbar umgesetzt. Aus den neuen Erkern hat man einen wunderschönen Ausblick, der das Panorama von Stuttgart zeigt. Um das Wohnhaus allen Menschen zugänglich zu machen, gibt es einen Aufzug und zwei barrierefreie Wohnungen. Im Erdgeschoss wurde die ehemalige Kleinteiligkeit aufgelöst und eine große, zusammenhängende Fläche geschaffen, die für ein gastronomisches Projekt zur Verfügung gestellt wird. Die Gastronomiefläche setzt sich bis in das erste Untergeschoss in einem Gewölbekeller fort, der, wie die historische Fassade im Erd- und Obergeschoss, ebenfalls noch aus den Erbauerjahren stammt.
Bei diesem Projekt erkennt man deutlich, dass es den Architekten gelungen ist, die gestalterischen und räumlichen Qualitäten des Bestandes zu bewahren und diese für den Neubauteil unter dem Aspekt des heutigen Wohnanspruchs und Lebens in der Stadt zu interpretieren.
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