Eine Villa als Portrait seiner Bewohner
Opulenter Luxus
„Haus am Weinberg“ ist der schlichte Name einer großzügigen Villa der Architekten Ben van Berkel und Caroline Bos vom niederländischen Büro UNStudio und beschreibt doch perfekt das Einzigartige dieses Gebäudes. Nach intensivem Dialog entworfen, entstand gleichsam ein Portrait seiner Bewohner, eine maßgeschneiderte Hülle für ihr Leben. Gemäß den speziellen Wünschen der Bauherren formte der Architekt einen individuellen Mikrokosmos aus Privatheit und Öffentlichkeit. Zugleich nutzte er die Lage des Grundstücks mit der ländlichen Anmutung des alten Weinbergs und den weiten Blicken auf die Stadt für einen besonderen räumlichen Effekt. Das Haus fungiert damit fast wie ein optisches Instrument, denn beim Bewegen durch das Haus erzeugen wechselnde Aussichten auf die umgebende Landschaft im Kontext des Innenraumes geradezu experimentelle Wahrnehmungen beim Betrachter.
Der Gedanke, das Leben im Haus nach dem Lauf der Sonne auszurichten, bestimmt die innere Anordnung der Räume und Öffnungen und die Erschließung des Gebäudes. Dies manifestiert sich in einer großen Geste, in einer einzigen Form: dem „twist“, wie Ben Berkel es nennt. Das zentrale Element ist dabei die geschwungene Treppe, die alle Bewegungen durch das Haus organisiert und lenkt. Bei diesem „Fließen“ durch den Raum verknüpfen sich Ausblicke und Innenansichten zu einem grandiosen Ganzen.
Dies wird durch die auf ein Minimum reduzierte Tragkonstruktion des Gebäudes unterstützt. Das Dach und die Geschossdecken werden von nur vier Elementen getragen: dem Aufzugskern, zwei Stützen und einer inneren Säule. Dadurch war es möglich, einen weitestgehend stützenfreien Raum zu schaffen und alle vier Ecken des Hauses großzügig zu öffnen und zu verglasen. Man betritt das Haus von Süden. Von der Eingangshalle führt die Treppe in den 1. Stock und verschafft einen ersten großartigen Ausblick. Hier liegt der Essbereich und aus der doppelt hohen, verglasten Ecke geht der Blick weit über den Weinberg nach Nordwesten. Die Glasscheiben können komplett zur Seite geschoben werden, die Grenzen zwischen drinnen und draußen verwischen gänzlich. Die Kontur des Weinbergs scheint hier durch eine leichte Wölbung in der Fassade, die die Form des Berges spiegelt, in das Haus überzugehen. Folgt man dem “twist”, der Bewegung durch das Haus, gelangt man tiefer ins Haus und erlebt vom Wohnbereich aus – mit wiederum vollkommen verglasten Ecken – einen zweiten überwältigenden Ausblick nach Südwesten auf die umgebende Natur. Die Treppe führt weiter hinauf zur Galerieebene im 2. Stock.
Den dritten und vierten Ausblick gewährt der “twist” von dieser zweiten Ebene aus, wo Schlafzimmer und Wellnessbereich angeordnet sind. Hier weitet sich der Blick maximal und reicht vom Nordosten über die gesamte Ostseite des Hauses bis nach Nordwesten. Während die innenliegenden Zugänge zum Schlafzimmer und Wellnessbereich Privatheit garantieren, erlaubt der Flur zwischen ihnen ausgedehnte Blicke nach draußen und ein Gefühl von Offenheit.
Im Haus am Weinberg ist durch die vier geöffneten, voll verglasten Ecken eine fließende Abfolge strahlend heller Räume unterschiedlicher Atmosphäre und räumlicher Qualität entstanden: Der große, hohe Essbereich mit Küche ist offen mit dem Wohnbereich verbunden. Auf der Galerie im 2. Stock befindet sich die halbprivate Bibliothek, die über den beiden mehr öffentlichen Bereichen schwebt und mit einer teilweisen Öffnung zum darunterliegenden Essbereich eine vermittelnde Funktion übernimmt. Der private Schlaf- und Wellnessbereich liegt ebenfalls im 2. Stock, vermeidet es aber durch die Inszenierung der Ausblicke und dem Zugang zum großen Balkon, sich komplett abzuschotten. Den lichten, offenen Charakter des Hauses unterstützen auch die gewählten Materialien wie helle Eiche und Natursteine, weiß verputzte Wände mit reflektierenden Steinchen. Maßgefertigte Elemente und Möbel betonen die Architektur.
Im Herzen dieses hellen und fließenden Raumgefüges liegt als bewußter Kontrast ein dunkler Raum, der Musik, Jagd und der männlichen Geselligkeit gewidmet ist. In diesem Raum sind Wände, Decke und Boden mit eigens entworfenen Akustikpaneelen aus dunklem Holz verkleidet. Zusammen mit den ebenfalls dunklen, maßgefertigten Vitrinen und Kabinetten wirkt der Raum wie eine private Wunderkammer. Diesen Eindruck verstärken die ausgestellten Jagdtrophäen. “Manche mögen sie schockieren, aber sie sind ein integraler Bestandteil der eigenen Identiät des Hauses”, meint Ben van Berkel.
www.unstudio.com
Architekten:
UNStudio
www.unstudio.com
Fotos:
Haus am Weinberg, Stuttgart, 2008 – 2011, UNStudio © Iwan Baan
www.iwan.com
Heizung/Sanitär:
Bauer & Ihle
Lüftung:
Plangruppe Emhardt
www.plangruppe-emhardt.de
Landschaftsarchitekt:
Atelier Dreiseitl
www.dreiseitl.net
Lichtplanung:
ag licht
www.aglicht.de
Elektro- und Beleuchtungsanlagen:
Noz Elektrotechnik
www.noz-elektro.de
Heizung/Sanitär:
Gebrüder Renz
www.gebr-renz.de
Swimmingpool:
WBT Schwimmbadtechnik
www.wbt-schwimmbadtechnik.de