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Gebaute Imperfektion

Ein Begegnungszentrum in Gelsenkirchen ergänzt eine Moschee, ohne seine profane Herkunft zu leugnen

Die Gemeinde der DITIB (Türkisch Islamische Union der Anstalt für Religion e.V.) in... mehr
Die Gemeinde der DITIB (Türkisch Islamische Union der Anstalt für Religion e.V.) in Gelsenkirchen-Hassel brauchte neuen Entfaltungsraum: Die 1994 zwischen der stillgelegten Kokerei Hassel und einer Wohnsiedlung errichtete Moschee gilt als eines der ersten gebauten Beispiele islamischer Sakralarchitektur im Ruhrgebiet. Ganz klassisch lehnt sie sich mit Minarett und Kuppel an Vorbilder an, die der berühmte osmanische Baumeister Mimar Sinan bereits im 16. Jahrhundert geprägt hat. Was dem allein dem Gebet vorbehalteten Moscheebau bisher fehlte, war jedoch ein Begegnungszentrum, wie es sich in allen historischen Stiftungsbauten seit jeher als weltliches Pendant findet. Fast zwei Jahrzehnte vergingen, bis sich ın einem direkt benachbarten, leerstehenden Discountmarkt eine Lösung auftat: Der rationale Zweckbau bot durch seine 1.200 m2 umbaute Nutzfläche und seine flexible Fertigteilkonstruktion ideale Ausgangsbedingungen, um die vielfältigen Raumwünsche der Gemeinde zu beherbergen.

Ohne seine profane Herkunft zu verstecken, haben Ağırbaş & Friends zusammen mit Wienstroer Architekten dem kubischen Gebäude eine neue Raumordnung implantiert. Zwei zusammenschaltbare, jeweils 250 m2 große Mehrzwecksäle bilden das Gravitätszentrum des Begegnungszentrums, das über den ehemaligen, verglasten Haupteingang zugänglich ist. Eine Teestube, mehrere Seminarräume, Küche, Bibliothek, Frisierstube, Räume für die rituelle Waschung sowie eine Gymnastikhalle münden über Korridore in die beiden großen Begegnungsräume. Auch ein türkischer Hammam soll noch seinen Platz in der Box finden.

Die neu gedämmte und frisch verputzte Fassadenhülle verleiht der Nutzungsvielfalt ein homogenes Äußeres. Die unregelmäßig eingeschnittenen Fensteröffnungen lösen die geometrische Strenge des Baukörpers auf, zugleich verweisen sie aber auch in die Sphäre der göttlichen Zahlencodes: So wie der Koran aus 114 (=6 x19) Abschnitten – den Suren – besteht, die erste Sure 19 Verse und die letzte Sure 19 Wörter beinhaltet, so wurden sowohl die Nord- als auch die Südfassade mit jeweils 19 Öffnungen versehen. Und auch Ost- und Westfassade ist die Zahlensymbolik nicht fremd – zusammen kommen beide auf 19 (=10+9) Fensteröffnungen.

Dieses Zahlenspiel könnte munter so weitergehen, würde man nicht an der Südfassade ein Fenster entdecken, das eigentlich gar keines ist. Dieses „Fake-Fenster“ wurde eigens in das Bauwerk eingesetzt, um – wie in so vielen anderen Kunstwerken der islamischen Welt üblich – dem menschlichen Mangel an göttlicher Vollkommenheit Ausdruck zu verleihen. Wie ein absichtsvoll in ein Gewebe eingewobener Fehler erinnert es den Gläubigen daran, dass Harmonie und Perfektion nur in den Taten und Werken Gottes stecken. Die Botschaft ist Selbstbeschränkung mit Augenmaß – zur profanen, ganz aus dem Bestand des Vorgefundenen schöpfenden Gebäudemetamorphose passt das gut.

www.eafriends.eu
Architekten: ErcanAğırbaşFriends www.eafriends.eu Fotos: Thomas Mayer... mehr

Architekten:

ErcanAğırbaşFriends
www.eafriends.eu

Fotos:

Thomas Mayer
www.thomas-mayer-photo.de
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