Hofhaus ohne Barrieren
Ein Haus in Dormagen interpretiert eine traditionelle Bauform in zeitgemäßer Ausprägung
Das Bild von Dormagen-Delhoven war bis vor einigen Jahren von halb verfallenen Gewächshäusern und nicht mehr bewirtschafteten Ackerflächen bestimmt. Dann wurde der Bebauungsplan verändert – seitdem darf das Gebiet auch im begrenzten Maße für Wohnbebauungen genutzt werden. Der Bauherr hatte in dem Gebiet ein 5.000 m² großes Grundstück erworben, in unmittelbarer Nachbarschaft zu einem Waldnaturschutzgebiet. Das Wohnhaus sollte den Charakter des ländlichen Ortes respektieren. Außerdem wünschte das Bauherrenpaar einen barrierefreien Grundriss. Wichmann Architekten aus Neuss schlugen ein Wohnhaus vor, das sich in seinem Grundkonzept an bäuerlichen Bauformen orientiert und komplett ebenerdig konzipiert ist, so dass es ohne weitere Keller- oder Obergeschosse auskommt.
Das 220 m² Wohnfläche umfassende Gebäudeensemble bildet eine Hofanlage aus, die sich aus dem Wohnhaus zusammensetzt sowie einem straßenseitig vorgelagerten Nebentrakt, der u.a. einen Carport mit zwei Stellplätzen beherbergt. Der Nebentrakt wurde in den gleichen Dimensionen wie das Wohnhaus errichtet, schließt aber mit einem Flachdach statt eines Satteldachs ab. Über seitlich angeordnete Buchenhecken werden beide Gebäude miteinander zu einem Innenhof geschlossen. Dieser ist überwiegend mit einem Kiesbelag gestaltet, zur Westseite wurde ihm ein grüner Kräutergarten beigeordnet.
Einen Farbakzent im Hof setzt ein junger Blauglockenbaum, der im Frühling rosarote Blüten ansetzt. Durch die seitlichen Hecken ist der Innenhof vor Wind und Einsichten geschützt und bietet somit einen privaten Freibereich auf dem großzügigen Grundstück.
Die traditionelle Hof-Typologie wurde von den Architekten in einer reduzierten Formen- und Materialsprache zeitgemäß interpretiert. Die doppelschaligen massiven Außenwände wurden dabei aus gebrannten, im Farbton stark variierten Vollsteinklinkern gemauert und mit einer Wärmedämmung versehen. Die Dachstühle wurden aus Holz gezimmert und mit einer Blechschalung aus grauem Zinkblech eingedeckt. Bei der Ständerkonstruktion des Nebentraktes kam ebenfalls Holz zum Einsatz.
Das Wohnhaus ist im Inneren durch großzügige, hohe Räume geprägt, die ebenfalls nur auf wenige, ausgewählte Materialien zurückgreifen: Glatt verputzte weiße Wände und die schräg ausgebildeten Untersichten des Daches bestimmen den minimalistischen Raumeindruck. Der dunkle, in großen Formaten ausgelegte schwarze Granitboden setzt sich dazu kontrastierend bis in die Außenbereiche fort. Betreten wird das Wohnhaus durch den zentralen Windfang, an den sich unmittelbar der Wohnbereich anschließt. Ess- und Wohnzone werden durch den zentral im Raum plazierten Kamin voneinander in zwei separate Bereiche getrennt. Der Konzertflügel der Bauherren hat seinen Platz hofseitig gefunden, dem Wohnbereich offen angefügt. Hohe, bodentiefe Glasflächen öffnen den Wohnraum großzügig nach Süden zu einer weitläufigen Sonnenterrasse. Von dort aus schweift der Blick in den Garten und auf das Hintergrundpanorama des angrenzenden Waldes.
Einbauschränke nutzen den zur Verfügung stehenden Platz optimal aus – auch sie wurden ganz in weiß gehalten. Die Beheizung des Hauses erfolgt durch Erdwärme und eine Fußbodenheizung. Durch die zurückspringende Südfassade spendet das Dach im Sommer Schatten, wohingegen die tiefer stehende Wintersonne vergleichsweise weit in das Gebäude hinein scheinen kann.
www.wichmann-architekten.de
Architekt:
Wichmann Architekten
www.wichmann-architekten.de
Fenster:
Metallbau Uwe Bräuer
Dach:
Stockbrink
www.stockbrink.de
Zimmermann:
Rings + Helmig
www.rings-helmig.de
Fotos:
Jens Kirchner
www.jens-kirchner.com