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Maßgeschneidertes Zuhause

Über die Transformation eines Bungalows

In Hamburg gibt es eine Vielzahl von Einfamilienhäusern, die aus den 1950er- und 1960er-Jahren... mehr

In Hamburg gibt es eine Vielzahl von Einfamilienhäusern, die aus den 1950er- und 1960er-Jahren stammen. Sie werden gerade von Familien wegen ihrer zumeist schönen, grünen Lage in gewachsenen Stadtvierteln geschätzt. Aber diese Häuser werden den heutigen Komfortansprüchen und den gesetzlichen Anforderungen an die Energieeffizienz nicht mehr gerecht. So war es auch bei dem Wohnhaus in der Jürgensallee, das in den 1960er-Jahren entstand. Zu dieser Zeit war der Bedarf an Wohnungen hoch, es konnte gar nicht schnell genug gebaut werden. Es hatte noch keine Ölkrise gegeben und vom energetischen Bauen sprach noch niemand.

Im Hinblick auf die damaligen Bauverhältnisse war das Haus also ganz typisch. Der eingeschossige Winkelbungalow galt seinerzeit als ausgesprochen schick und war eine überaus beliebte Bauform. Der damalige Bauherr wählte ebenfalls diese Gestalt, mit einer Teilunterkellerung und Einbaumöbeln entstand dann ein für ihn maßgeschneiderter Bungalow. Die Aufteilung war klassisch – im parallel zur Straße liegenden Gebäudeschenkel waren die Wohnräume und die Küche angeordnet und im rechtwinklig dazu liegenden Teil des Bungalows befanden sich – uneinsehbar – die mehr ruhigen, privaten Räume.

Zum Zeitpunkt des Eigentümerwechsels wurde dieser Bungalow nur von einer Person bewohnt. Die neuen Eigentümer waren zu sechst und benötigten entsprechend deutlich mehr Platz zum Wohnen und Leben. Der Architekt Charles de Picciotto überprüfte darum schon frühzeitig, wie Teile des bestehenden Gebäudes sinnvoll erhalten werden konnten, da eine unnötige Vernichtung von vorhandener Substanz für alle Beteiligten nicht in Frage kam. Die architektonische und statische Überprüfung des Baus ergab, dass eine Aufstockung mit geringem Aufwand möglich war. So bekam das ganze Gebäude eine zweite Etage, die als Holzbau auf dem als Holzbalkendecke verstärkten ehemaligen Flachdach erstellt wurde. Nach dem Rückbau des Verblendmauerwerks konnte zudem eine energetische Ertüchtigung der Fassade umgesetzt werden.

Bei der Gestaltung des neuen Gebäudes hat der Architekt zwar die vorhandene Struktur aus den 1960er-Jahren aufgenommen und auch die deckenhohe Verglasung der Fenster beibehalten, variierte aber die Zonierung der Räume innerhalb des Hauses. Die frühere Aufteilung in einen mehr privaten und einen mehr öffentlichen Bereich gibt es in diesem engen Sinne nicht mehr. Jetzt wurde vielmehr darauf geachtet, dass die Räume, die sich jeweils stören könnten, sich nicht überschneiden. So wahren die Bereiche für Kinder und für die Eltern Distanz, es entstanden zwei Trakte. Auch der Entwurf für die Aufteilung der Außenanlagen folgt einem ähnlichen Konzept der Konfliktvermeidung: es entstand ein Kinder- und ein Elterngarten, auch bei den Terrassen wurde dies so umgesetzt.

Aber nicht nur in der Zonierung und in der Grundrissgestaltung des neuen Hauses findet sich dieses Konzept wieder, auch in der Materialität der Bauskulptur spiegelt sich dieser Entwurfsansatz wider. So wurde das Material Schiefer, das bereits in den 1960er-Jahren im Außenbereich des Bungalows eingesetzt wurde, jetzt in der Fassade des Elterntraktes verbaut, im Kontrast zur ansonsten einheitlichen, weiß strahlenden Putzfassade. Auch an Wänden im Innenbereich wird der Schiefer eingesetzt, beispielsweise als Blickfang am Ende der Treppe. Der Elterntrakt fällt in Farbe und Form als ergänzter Baukörper deutlich ins Auge und kontrastiert mit dem verglasten, transparent wirkenden Eingangsbereich. Durch eine entsprechende Ertüchtigung aller statischen Bauteile und die sorgfältige Integration des Bestandes in die neue Architektur gelang es dem Architekten innerhalb der gesetzlichen Vorschriften des Bebauungsplans, die Wohnfläche zu verdoppeln und zeitgleich sämtliche Ansprüche der Familie an ein modernes Wohnen zu erfüllen.

www.depicciotto.de


Fotos:

Klaus Frahm
www.klaus-frahm.de

(Erschienen in CUBE Hamburg 02|12)