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Eine Verschnaufpause für die City!

Ein Gespräch mit Thomas Geisel, Düsseldorfs OB-Kandidaten der SPD, über den Medienhafen, die Kö-Bogen II-Diskussion und eine neue Planungskultur für die Stadt

CUBE: Herr Geisel, die langjährigen Diskussionen um den Medienhafen als Wohnstandort haben... mehr

CUBE: Herr Geisel, die langjährigen Diskussionen um den Medienhafen als Wohnstandort haben offenbar bald ein Ende – ein neuer Flächennutzungsplan scheint auf den Weg gebracht zu sein. Ein guter Kompromiss?
Geisel: Der Hafen liegt stadtnah und ist nach wie vor ein wichtiges Logistikzentrum für die Versorgung der Stadt. Der Hauptbetrieb liegt üblicherweise in den frühen Morgenstunden. Dem sollte man mit einer Wohnbebauung nicht zu nahe kommen, sonst entstehen unausweichlich Nachbarschaftskonflikte. Mit der Wohnbebauung der Königskinder in der Speditionstraße sehe ich kein Problem - dort wurden entsprechende Vorkehrungen geschaffen, dass auf den Hafen keine Klagewelle zurollt. In der noch näher am Hafen liegenden Kesselstraße ist das anders – hier kann es nur eine Pufferzone mit geräuscharmen Büronutzungen geben.  

CUBE: Aber allein Büros? Geht es nicht darum, mehr Mischung zu erzeugen?
Geisel: Künstlerateliers oder Proberäume wären da sicher auch denkbar. Die größte Herausforderung wird in unserer Stadt zukünftig sein, bei den zur Verfügung stehenden Flächen die Balance zwischen den unterschiedlichen Nutzungen zu finden. Wir brauchen im erheblichen Umfang Wohnungsneubau, aber wir sollten dafür nicht die Freiräume der Kultur zunichte machen.

CUBE: Ist denn der Medienhafen für das Wohnen wirklich gerüstet?
Geisel: Speziell in der Speditionstraße ist in der Tat noch Luft nach oben. Da könnte mehr Struktur drin sein, ein kleiner Platz oder auch Gastronomie mit mehr Außenbereichen - das schätzen die Leute ja. Insgesamt hat der Medienhafen ein zu stark bürolastiges Gepräge. Mit den Wohnnutzungen muss sich auch an den öffentlichen Räumen etwas verändern: Wenn Arbeiten, Wohnen und Leben zusammenkommen sollen, erfordert das eine hohe Aufenthaltsqualität.

CUBE:Inwieweit müsste die Stadt - vielleicht ja ab dem 25. Mai auch ein OB Geisel - solche Prozesse initiieren und steuern?
Geisel: Lassen Sie es mich so sagen: Soviel Steuerung wie nötig, und soviel Initiative der Betroffenen wie möglich. Wenn dort mehr Wohnungen gebaut werden, muss die Stadt darauf reagieren und in ein anspruchsvolles Wohnumfeld investieren.

CUBE: Wie beurteilen Sie vor diesem Hintergrund die Planungsdiskussionen, die um den Kö-Bogen II ins Rollen gebracht wurden?
Geisel: Was ich wirklich erstaunlich finde: Der Kö-Bogen II ist das einzige städtebauliche Projekt, bei dem Herr Elbers sagen kann: Das trägt meine Prägung. Alles andere ist ja eigentlich nur Nachlass von Joachim Erwin, den er - wie ich finde - mehr schlecht als recht verwaltet. Und da finde ich es schon überraschend, dass er dieses Fass wieder neu aufgemacht hat.

CUBE: Danach kamen auch noch Vorschläge von Architekten, Vereinen und Verbänden sowie Bürgergruppen wie der Markthallenfraktion. Ist es nicht produktiv, dass die Diskussion in dieser Breite geführt wird?
Geisel: Es ist immer gut, wenn man städtebauliche Diskussionen führt, aber ich wünschte mir, man wendete das Augenmerk mal etwas weg von diesem halben Quadratkilometer zwischen Kö, Schadow- und Gründgensplatz und schaute auf die anderen 216 Quadratkilometer von Düsseldorf. Da lohnte es sich auch städtebauliche Diskussionen zu führen, etwa darüber wie man Lierenfeld zu einem vernünftigen Zentrum verhilft oder wie man Garath städtebaulich so überplant, dass es für die wachsende Bevölkerung Düsseldorfs an Zuspruch gewinnt. Auch diese Stadtteile müssen wieder an Attraktivität gewinnen! Der City würde ich - in ihrem eigenen Interesse - eine Verschnaufpause wünschen. Nach fast zehn Jahren des Buddelns und Bauens sollten wir uns erst einmal sammeln und alles mit ein bisschen Distanz auf uns wirken lassen!

CUBE: Wohnhochhäuser können nur eine Teilantwort sein auf das Bedürfnis nach dem Wohnen in der Stadt. Muss man nicht auch kreativer werden beim Verwerten von Restbrachflächen?
Geisel: Sehen Sie nur das Areal des alten Kaltwalzwerkes in Benrath, das diesen Stadtteil in zwei Teile spaltet. Seit fast 30 Jahren ist es nicht mehr in Betrieb. Aber jedes Altlastenproblem ist irgendwie lösbar. Eine Idee wäre, dass Thyssen-Krupp das Grundstück an die städtische Projektgesellschaft IDR überträgt, damit diese es sanieren und entwickeln kann. Sie könnten damit viele Fliegen mit einer Klappe schlagen: Benrath würde städtebaulich wieder zusammenwachsen, ein attraktiver Wohnstandort wäre geschaffen und die Unterführung der Bahnlinie, die sogenannte „Angströhre“, könnte man bei dieser Gelegenheit auch gleich neu gestalten!

CUBE: Und auf der Mikroebene? Die Stadt hat zwar Hinterhöfe in einzelnen Stadtteilen kartographiert, aber an Hinterhofverdichtungen passiert doch relativ wenig.
Geisel: So etwas will natürlich auch seitens der Stadt aktiv begleitet sein! Ich glaube ja schon, dass die Eigentümer dort bauen wollen. Die Leute leben in Düsseldorf ganz gerne im verdichteten urbanen Raum, was sich auch im Derendorfer Güterbahnhof deutlich zeigt. Natürlich wollen wir die Frischluftschneisen dafür nicht zubauen und auch nicht die Grünflächen. Man muss sich aber ohne Denkverbote anschauen, was man machen kann.

CUBE: Warum passiert das denn so wenig?
Geisel: Das ist natürlich auch eine Frage des Betriebsklimas und der Führungskultur! Man muss Mitarbeiter ermuntern: Neuere Herausforderungen erfordern manchmal eben auch ein etwas frischeres Herangehen. Ich bin schon erstaunt, dass in einer wachsenden Stadt wie Düsseldorf die Stelle des Leiters des städtischen Planungsamtes seit fast zwei Jahren unbesetzt ist. An der mangelnden Attraktivität der Aufgabe kann das wohl kaum liegen! Mir ist eine Führungskultur lieber, bei der man sagen kann: Wenn einer zehn Sachen macht, dann macht er sieben davon richtig gut, zwei durchschnittlich und eine darf auch mal daneben gehen. Das ist zehnmal besser als drei Sachen nur so lala!

Das Interview führte Paul Andreas.

VITA
Thomas Geisel

Geb. 1963 in Ellwangen/Jagst. Studierte Rechts- und Politikwissenschaften in Freiburg, Genf und den USA. 1991 und 1992 – zunächst parallel zu seinem Studium in Harvard – persönlicher Referent des damaligen SPD-Bundesgeschäftsführers Karlheinz Blessing. 1995 Abteilungsleiter bei der Treuhand-Nachfolgeorganisation Bundesanstalt für vereinsbedingte Sonderaufgaben (BvS). 1998 - 2013 Tätigkeit in der Energiewirtschaft, u. a. für das US-amerikanische Unternehmen Enron und die Ruhrgas Aktiengesellschaft (E.ON Ruhrgas AG). Im Juni 2013 wurde Geisel auf dem Parteitag der SPD zum Kandidaten für das Amt des Oberbürgermeisters der Landeshauptstadt Düsseldorf mit 98,5 % der Wählerstimmen nominiert. Er lebt in zweiter Ehe zusammen mit seiner Frau Dr. Vera Geisel und seinen fünf Töchtern in Düsseldorf-Derendorf.